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OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.08.2005 - 18 B 1170/05 - asyl.net: M7326
https://www.asyl.net/rsdb/M7326
Leitsatz:
Schlagwörter: eigenständiges Aufenthaltsrecht, besondere Härte, Türkei, Situation bei Rückkehr, Aufenthaltserlaubnis, Assoziationsratsbeschluss EWG/Türkei, Türken, ordnungsgemäße Beschäftigung, Erlaubnisfiktion
Normen: AufenthG § 31 Abs. 2; ARB Nr. 1/80 Art. 6 Abs. 1; ARB Nr. 1/80 Art. 10
Auszüge:

2. Des Weiteren führt das Beschwerdevorbringen nicht auf ein eigenständiges Aufenthaltsrecht aus § 31 Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Antragstellerin (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 14 Juli 2005 - 18 B 2457/04) hat mit ihrer Beschwerde keine Umstände aufgezeigt, die es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich machen, ihr einen weiteren Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen.

Mit dem Vorbringen der Antragstellerin, wegen der Trennung von ihrem deutschen Ehemann und der zu erwartenden Ehescheidung bei ihrer Rückkehr in die Türkei dort gravierenden gesellschaftlichen Diskriminierungen ausgesetzt zu sein, wird keine besondere Härte im Sinne von § 31 Abs. 2 Satz 2 Altern. 1 AufenthG begründet. Denn es ist von der Antragstellerin nicht dargelegt, dass ihr deshalb eine erhebliche Beeinträchtigung ihrer schutzwürdigen Belange droht, die über die allgemeine im Gesetz als hinnehmbar bewertete Härte hinausgeht, wie sie vielfach Ausländer trifft, die nach kurzer Zeit Deutschland wieder verlassen müssen. Namentlich in Fällen der Trennung einer ehelichen Lebensgemeinschaft hat der Gesetzgeber durch die Anforderung einer besonderen Härte in Kauf genommen, dass - wie allgemein bekannt - die betroffenen Frauen in zahlreichen Ländern Belastungen ausgesetzt sind, die nicht zwangsläufig auf ein weiteres Aufenthaltsrecht in Deutschland führen sollen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Juni 2005 - 18 B 92/05 -).

3. Der mit der Beschwerde ferner noch geltend gemachte Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis aus dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) ist ebenfalls nicht gegeben.

Ein derartiger Anspruch folgt nicht aus Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80. Zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis (18. März 2005) (vgl. zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nur EuGH, Urteil vom 16. März 2000 - Rs. C-329/97 (Ergat) -, InfAuslR 2000, 217 (220), sowie Senatsbeschluss vom 12. März 2004 - 18 B 233/04 - mit weiteren Nachweisen) war die Antragstellerin nicht wie von der allein in Betracht kommenden Regelung des Art. 6 Abs. 1 1. Spiegelstrich ARB 1/80 gefordert ein Jahr ordnungsgemäß bei dem gleichen Arbeitgeber beschäftigt.

Diesbezüglich ist die am 1. Mai 2004 aufgenommene Beschäftigung bei der Firma Gebäudereinigung C. ohne Belang, weil jene mit dem Ablauf der Aufenthaltserlaubnis am 18. März 2005 nicht ordnungsgemäß im Sinne von Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 erfolgte. Der von der Antragstellerin gestellte Verlängerungsantrag hatte lediglich bis zur Entscheidung über ihn gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG zu einem fiktiven Fortbestehen der bisherigen Aufenthaltserlaubnis geführt und ist deshalb entgegen der Ansicht der Beschwerde zur Begründung einer ordnungsgemäßen Beschäftigung ebenso wenig geeignet wie vormals die Erlaubnisfiktion nach § 69 Abs. 3 AuslG (vgl. zu Letzterem Senatsbeschluss vom 12. März 2004 - 18 B 233/04 - ebenfalls mit weiteren Nachweisen).

Denn der Begriff der ordnungsgemäßen Beschäftigung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 setzt eine gesicherte und nicht nur - wie bei § 81 Abs. 4 AufenthG - vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates und damit das Bestehen eines nicht bestrittenen Aufenthaltsrechts voraus (vgl. nur EuGH, Urteil vom 19. November 2002 - Rs. C-188/00 (Kurz) -, InfAuslR 2003, 41, 43 = DVBl. 2003, 451 = EZAR 816 Nr. 12 = AuAS 2003, 134).

Art. 10 ARB 1/80 hilft der Antragstellerin ebenfalls nicht weiter. Denn in der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts ist geklärt, dass diese Vorschrift ebenfalls wie das im Wesentlichen gleichlautende Diskriminierungsverbot des Art. 37 des Zusatzprotokolls vom 23. November 1970 zum Assoziierungsabkommen EWG- Türkei vom 12. September 1963 dem Inhaber einer unbefristeten Arbeitsgenehmigung kein selbstständiges Aufenthaltsrecht vermittelt (vgl. die Senatsbeschlüsse vom 27. August 1999 - 18 B 1448/99 -, AuAS 1999, 254 = EZAR 029 Nr. 11 = InfAuslR 1999, 485 = NVwZ-Beil. I 2000, 28, und vom 20. Mai 2005 - 18 B 2776/04 - sowie OVG NRW, Beschluss vom 25. August 2004 - 19 B 1741/03 -, InfAuslR 2005, 29 = EZAR 029 Nr. 28 und Beschluss vom 26. Oktober 2004 - 17 B 1542/03).