VG Berlin

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Zitieren als:
VG Berlin, Beschluss vom 15.04.2005 - VG 28 V 71.04 - asyl.net: M7374
https://www.asyl.net/rsdb/M7374
Leitsatz:
Schlagwörter: Ehegattennachzug, Schutz von Ehe und Familie, deutsche Kinder, Ausweisungsgrund, Ausweisung, Beeinträchtigung, öffentliche Sicherheit und Ordnung, öffentliche Interessen, Drogendelikte, Algerier, Befristung, Wirkungen der Ausweisung, Ausnahmefall, Ermessen
Normen: AufenthG § 28 Abs. 1 Nr. 1; AufenthG § 28 Abs. 1 Nr. 3; AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 2; AufenthG § 55 Abs. 1; § 27 Abs. 3 S. 2
Auszüge:

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Ehegattennachzug zu ... aus den alleine in Betracht kommenden Vorschriften der §§ 6 Abs. 4, 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG bzw. auf Familiennachzug zu seinen Kindern F... und M... (§§ 6 Abs. 4, 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG) nicht zu. Der Erteilung steht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG der Ausweisungsgrund des § 55 Ab. 1 AufenthG entgegen (a), ein atypischer Fall liegt nicht vor (b) und die Beklagte hat auch in rechtlich nicht zu beanstandender Weise (§ 114 VwGO) ihr Ermessen gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ausgeübt (c).

a) Nach § 55 Abs. 1 AufenthG kann ausgewiesen werden, wessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt. Zur öffentlichen Sicherheit gehört der Bestand des Staates, seiner Einrichtungen sowie der gesamte Normenbestand. Sie ist u.a. gefährdet, wenn aus Sicht des objektiven Betrachters in der Lage des handelnden Beamten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für die genannten Schutzgüter zu erwarten ist. Vorliegend drohen durch den Kläger neuerliche Verstöße gegen Vorschriften des BtmG.

Dieser Ausweisungsgrund ist auch nicht durch die Befristungsentscheidung der Beigeladenen verbraucht. Diese betrifft nämlich lediglich die auf die damalige Verurteilung des Klägers gestützte Ausweisungsentscheidung, nicht aber den oben genannten Ausweisungsgrund, der auf sein zukünftig zu erwartendes Verhalten abstellt.

b) Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass kein Ausweisungsgrund vorliegt. Ein atypischer Sachverhalt ist nicht erkennbar. Ein solcher ist nur dann gegeben, wenn eine Fallgestaltung vorliegt, an die der Gesetzgeber bei Normerlass nicht gedacht hat; also ein Fall, der von dem Leitfall, der ihm bei der Typenbildung bei § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vorschwebte, derart stark abweicht, dass eine Anwendung des normierten Regelfalles im Hinblick auf die Wertungen des Art. 3 Abs. 1 GG nicht in Betracht kommt. Das ist nicht der Fall. Besonderes Element des vorliegenden Falles ist der Widerstreit der Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland einerseits und des Familiennachzugsinteresses des Klägers andererseits. Dieser ist aber Im Rahmen der Ermessensentscheidung des § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG zu lösen. Hält der Gesetzgeber für eine besondere Fallgestaltung aber, wie hier, eine besondere Regelung bereit, kommt die Annahme eines atypischen Fades nicht in Betracht.

c) Die Beklagte hat von dem ihr in § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eingeräumten Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise (§ 114 V GO) Gebrauch gemacht.