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VGH Bayern

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Zitieren als:
VGH Bayern, Beschluss vom 09.03.2005 - 24 CS 04.2677 - asyl.net: M7399
https://www.asyl.net/rsdb/M7399
Leitsatz:

Die Annahme eines Versagungsgrundes nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG setzt jedenfalls ein Mindestmaß an konkreten Erkenntnissen voraus, die den Schluss zulassen, der betroffene Ausländer stelle eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik dar. Alleine die frühere Bekanntschaft mit einzelnen Personen, die dem Umfeld verbotener Organisationen zugerechnet werden, reicht hierfür nicht aus.

 

Schlagwörter: Aufenthaltserlaubnis, Verlängerung, Ausweisung, Regelausweisung, Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, Terrorismus, Verdacht, Gefahrenbegriff, besonderer Ausweisungsschutz, schwerwiegende Gründe, allgemeine Erteilungsvoraussetzungen, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: VwGO § 80 Abs. 5; AuslG § 47 Abs. 2 Nr. 4; AuslG § 8 Abs. 1 Nr. 5; AuslG § 48 Abs. 1 Nr. 4
Auszüge:

Die Annahme eines Versagungsgrundes nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG setzt jedenfalls ein Mindestmaß an konkreten Erkenntnissen voraus, die den Schluss zulassen, der betroffene Ausländer stelle eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik dar. Alleine die frühere Bekanntschaft mit einzelnen Personen, die dem Umfeld verbotener Organisationen zugerechnet werden, reicht hierfür nicht aus.

(Amtliche Leitsätze)

 

Rechtsgrundlage der Ausweisungsentscheidung ist nach den Angaben im Bescheid der Antragsgegnerin § 47 Abs. 2 Nr. 4 AuslG i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG.

Erforderlich ist somit das Vorliegen einer in der Person des Ausländers bestehenden konkreten Gefahr.

Auch der Senat ist der Auffassung - was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist -, dass eine bloße Verdachtsausweisung von der gesetzlichen Ermächtigungsnorm nicht gedeckt ist. Vielmehr muss auch unter Anlegung niedrigerer Anforderungen gefordert werden, dass der Betreffende sich in einer relevanten Weise gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richtet oder die Sicherheit der Bundesrepublik beeinträchtigen kann bzw. dass konkrete Tatsachen die Annahme rechtfertigen, er gehöre einer der genannten Organisationen an oder unterstütze sie. Erhebliche Schwierigkeiten bereitet dabei sicherlich die Tatsache, dass die von der Norm erfassten Organisationen und Personen in aller Regel nicht offen auftreten und meist konspirativ und verdeckt agieren. Hierauf hat zutreffend auch die Landesanwaltschaft hingewiesen. Aus diesem Grund erscheint es im Hinblick auf die betroffenen hochwertigen Rechtsgüter auch unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten vertretbar, die Anforderungen an den Grad der Wahrscheinlichkeit des Gefahreintritts herabzusetzen. Dies kann aber nicht dazu führen, dass jeder nur denkbare Kontakt mit Personen, die ihrerseits möglicherweise eine Gefahr darstellen, zur Ausweisung führt. Vielmehr ist im Einzelfall konkret zu prüfen, ob wirklich Erkenntnisse vorliegen, die den Betroffenen als Anhänger oder Sympathisant einer solchen Ideologie erscheinen lassen. Daneben ist auch zu fordern, dass zumindest in geringem Umfang Tatsachen vorgebracht werden, die den Schluss rechtfertigen, der Beteiligte engagiere sich in einer von § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG genannten Weise. Ohne das Vorliegen solcher Tatsachen ist die geforderte Gefahrenprognose und Beurteilung nicht möglich und in keiner Weise gerichtlich überprüfbar. Dem Senat ist es durchaus bewusst, dass diese Auslegung dazu führen kann, dass Personen aus dem Umfeld des internationalen Terrorismus, die sich in Deutschland völlig inaktiv und auffällig verhalten, nicht ausgewiesen werden können, solange ihnen Kontakte oder Handlungen nicht nachgewiesen werden. Andererseits ist es aber auch unbestritten, dass nicht jede bloße Bekanntschaft mit einem Angehörigen einer solchen Organisation unmittelbar zur Beendigung des Aufenthalts in der Bundesrepublik führen darf. Will man also eine bloße Verdachtsausweisung vermeiden, ist in jedem konkreten Einzelfall der Nachweis zu führen, dass einer der in § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG genannten Tatbestände erfüllt wird. Auch wenn die Anforderungen an diesen Nachweis auf ein Mindestmaß reduziert werden können, so bedarf es doch wenigstens ansatzweise konkreter Anhaltspunkte für eine Unterstützungs- oder Gefährdungshandlung. Nur anhand dieser Anhaltspunkte ist es möglich, eine Gefahrprognose für die betroffene Person anzustellen und zu einer sachgerechten Entscheidung zu gelangen.