OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 12.10.2005 - 8 ME 163/05 - asyl.net: M7411
https://www.asyl.net/rsdb/M7411
Leitsatz:

Aus dem memorandum of understanding vom 31.3.2003 und den Niederschriften über spätere Gespräche zwischen einer deutschen Delegation und UNMIK-Vertretern über die Rückführung von Minderheitenangehörigen in den Kosovo ergeben sich keine Ansprüche der Abzuschiebenden gegenüber deutschen Behörden.

 

Schlagwörter: Serbien und Montenegro, Kosovo, Roma, Memorandum of Understanding, Straftäter, UNMIK, Anspruch, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse
Normen: AufenthG § 60a Abs. 2; AsylVfG § 5 Abs. 1 S. 1; AsylVfG § 42
Auszüge:

Aus dem memorandum of understanding vom 31.3.2003 und den Niederschriften über spätere Gespräche zwischen einer deutschen Delegation und UNMIK-Vertretern über die Rückführung von Minderheitenangehörigen in den Kosovo ergeben sich keine Ansprüche der Abzuschiebenden gegenüber deutschen Behörden.

(Amtlicher Leitsatz)

 

Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet, weil das Verwaltungsgericht seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt hat.

Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzungen des § 60 a Abs. 2 AufenthG für die geltend gemachte Aussetzung seiner Abschiebung gegeben sind.

Selbst wenn man seiner aktuellen Angabe folgen würde, wonach er nicht albanischer Volkszugehöriger, sondern Angehöriger des Volkes der Roma sei, ergäbe sich nichts anderes. Denn die UNMIK hat nunmehr (vgl. Ziffer 6 der abgestimmten Niederschrift über Gespräche vom 25. und 26. April 2005 in Berlin zur Rückführung von Minderheiten in den Kosovo) auch der zwangsweisen Rückführung von Angehörigen der Roma zugestimmt, die ­ wie der Antragsteller ­ zu mehreren Freiheitsstrafen mit einer Gesamtdauer von insgesamt mindestens 2 Jahren verurteilt worden und nicht schutzbedürftig sind. Dass die UNMIK im Falle des Antragstellers ausnahmsweise von einer solchen Schutzbedürftigkeit, für die in der angeführten Niederschrift keine Kriterien genannt werden, ausgeht, deshalb seine Rückführung ablehnt und somit seine Abschiebung unmöglich ist, hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.

Ob die UNMIK bei der Prüfung, ob Einwände gegen die Abschiebung des Antragstellers erhoben werden, etwaige eigene rechtliche Vorgaben zur Überprüfung der Schutzbedürftigkeit des Betroffenen beachtet hat, ist für die hier maßgebliche Frage der tatsächlichen Unmöglichkeit der Abschiebung unerheblich. Deshalb kommt es insoweit auch nicht auf die Richtigkeit der vom Antragsteller aufgestellten Behauptung an, die UNMIK hätte seiner Rückführung widersprochen, wenn er bei der Anmeldung zur Rückführung gegenüber der UNMIK als Angehöriger des Volkes der Roma bezeichnet worden wäre. Ob ausnahmsweise etwas anderes gilt, wenn die deutschen Behörden der UNMIK bewusst falsche Angaben über den Betroffenen mitteilen, sich also treuwidrig verhalten und nur deshalb ein Widerspruch der UNMIK gegen die Abschiebung unterbleibt, kann dahinstehen. Denn ein solches Verhalten ist der Antragsgegnerin nicht vorzuwerfen. Sie hat den Antragsteller vielmehr deshalb gegenüber der UNMIK als albanischen Volkszugehörigen bezeichnet, weil er dies selbst jahrelang so angegeben hat, sein Vorbringen zu seinem Geburts- und letzten Wohnort im Kosovo ebenfalls für eine albanische Volkszugehörigkeit spricht und daher auch das Verwaltungsgericht Zweifel an der Richtigkeit der neu erhobenen Behauptung hat, er gehöre dem Volk der Roma an.

Dem Antragsteller steht auch kein Abschiebungsschutz aus den von deutschen Behörden mit der UNMIK über die Abschiebung von serbisch-montenegrinischen Staatsangehörigen aus dem Kosovo getroffenen Absprachen einschließlich der oben bereits erwähnten Gespräche vom 25. und 26. April 2005 in Berlin zu. Denn dadurch werden allenfalls Verpflichtungen der deutschen Behörden gegenüber der UNMIK begründet, nicht aber Schutzansprüche der Betroffenen bei der Abschiebung. Ob ihrer Abschiebung in den Kosovo ausländerrechtlich beachtliche Hindernisse entgegenstehen, ist vielmehr abschließend im Asylverfahrens- und Aufenthaltsgesetz geregelt. Weitergehende Schutzansprüche der Betroffenen können von der Verwaltung nicht wirksam begründet werden und sind dies durch die mit der UNMIK getroffenen Absprachen auch nicht. Die Absprachen dienen im Gegenteil dazu, das tatsächliche Abschiebungshindernis der fehlenden Rücknahmebereitschaft der UNMIK zu beseitigen.