Keine Anwendung der Qualifikationsrichtlinie vor Umsetzung oder Ablauf der Umsetzungsfrist.
Keine Anwendung der Qualifikationsrichtlinie vor Umsetzung oder Ablauf der Umsetzungsfrist.
(Leitsatz der Redaktion)
Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge ist im Ergebnis rechtmäßig, der Kläger hat jedenfalls im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keinen Anspruch auf Asylgewährung oder Feststellung von Abschiebungsschutz.
Der Kläger hat nicht schon allein wegen seiner Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung oder Maßnahmen im Sinne des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG zu befürchten. Die beachtliche Gefahr einer Gruppenverfolgung ist nach einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung (OVG Greifswald, Urteil vom 29. Juni 2005 - 2 L 208/01 -; OVG Saarlouis, Urteil vom 3. April 2004 - 2 R 8/03 -; VGH Kassel, Urteil vom 22. Dezember 2003 - 7 ZU 2628/03.A - m.w.N.), der sich der Einzelrichter anschließt, und nach der aktuelleren Auskunftslage für einen unverfolgt ausgereisten Angehörigen der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft im Fall seiner Rückkehr nach Pakistan nicht gegeben. Die bekannt gewordene Zahl von Übergriffen gegen Ahmadis rechtfertigt nicht die Annahme einer Verfolgungsdichte, die die beachtliche Gefahr einer mittelbaren oder unmittelbaren Gruppenverfolgung begründet.
Aus Art. 10 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 (ABl. der EU 2004 L Nr. 304, S. 12) - sog. Qualifikationsrichtlinie - ergibt sich nichts anderes. Nach dieser Regelung haben die Mitgliedsstaaten bei der Prüfung der Verfolgungsgründe zu berücksichtigen, dass der Begriff der Religion auch die Teilnahme an religiösen Riten im öffentlichen Bereich und sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen umfasst. Selbst bei Annahme einer unmittelbaren Anwendbarkeit dieser Vorschrift lässt sich eine hinreichende Erhöhung der Anzahl verfolgungsrelevanter Übergriffe auf Ahmadis in Relation zur Größe dieser Bevölkerungsgruppe, die zur Anerkennung einer Gruppenverfolgung führen würde, nicht feststellen. Für individuelle Beeinträchtigungen der Glaubensfreiheit und -betätigung des Klägers ist ohnehin glaubhaft nichts vorgetragen worden (vgl. unten). Im Übrigen wird weiterhin lediglich das religiöse Existenzminimum (Glaubensausübung nur abseits der Öffentlichkeit im internen Bereich, vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Januar 2004 - 1 C 9.03 - NVwZ 2004, 1000 und vom 24. Mai 2000 - 9 C 34.99 - BVerwGE 111, 223) in § 60 Abs. 1 AufenthG und § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 9 EMRK geschützt, da die Umsetzungsfrist der Qualifikationsrichtlinie bis zum 10. Oktober 2006 noch nicht abgelaufen ist und entsprechende nationale Vorschriften in Deutschland noch nicht erlassen worden sind (Nds. OVG, Urteil vom 22. Juni 2005 - 5 LB 51/02 -; OVG Münster, Urteil vom 18. Mai 2005 - 11 A 533/05.A -; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12. Mai 2005 - A 3 S 358/05 - InfAuslR 2005, 296; Sächs. OVG, Urteil vom 4. Mai 2005 - A 2 B 524/04 - Asylmagazin 7-8/2005, 23; Bay. VGH, Urteil vom 7. April 2005 - 14 B 02.30878 - Asylmagazin 7-8/2005, 25 und Beschluss vom 7. April 2005 - M 9 K 00.51775 -; a.A. VG Lüneburg, Urteil vom 11. Mai 2005 - 1 A 388/01 - Asylmagazin 7-8/2000, 40; VG Schleswig-Holstein, Urteil vom 30. Juni 2005 - 6 A 59/05 - ; VG Köln, Urteil vom 10. Juni 2005 - 18 K 4074/04.A -; Meyer/Schallenberger, Die EU-Flüchtlingsrichtlinie: Das Ende für das Forum Internum und Abschied von der Zurechnungstheorie?, NVwZ 2005, 776). Aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgericht vom 8. Februar 2005 - 1 C 29.03 - lässt sich etwas anders nicht ableiten, zumal keine explizite Aussage zu der Streitfrage gemacht wird.