BlueSky

VG Frankfurt a.M.

Merkliste
Zitieren als:
VG Frankfurt a.M., Urteil vom 07.06.2005 - 11 E 4037/03 - asyl.net: M7465
https://www.asyl.net/rsdb/M7465
Leitsatz:
Schlagwörter: Einbürgerung, Zuwanderungsgesetz, Anspruchseinbürgerung, verfassungsfeindliche Bestrebungen, Autobahnblockade, PKK, Kurden, Türken, Gefährdung auswärtiger Belange, Abwendung von verfassungsfeindlichen Bestrebungen, Ermessenseinbürgerung
Normen: StAG § 11 S. 1 Nr. 2; StAG § 8
Auszüge:

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Ablehnung des Antrags auf Einbürgerung des Klägers in den deutschen Staatsverband durch Bescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 30.07.2003 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Mit seiner mit Strafbefehl des Amtsgerichts Groß-Gerau geahndeten Teilnahme an der Autobahnblockade am 22.03.1994 hat der Kläger i.S.d. § 11 Nr. 2 StAG Bestrebungen unterstützt, die gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet waren und die zudem durch die Anwendung von Gewalt auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdeten. Dass die Autobahnblockade, an der sich der Kläger beteiligt hatte, eine Aktion der PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) war, bestreitet der Kläger nicht. Sie war eine von 16 systematischen Autobahnblockaden, die nahezu zeitgleich am Nachmittag des 22.03.1994 zwischen 14 und 15 Uhr von der PKK über das ganze Bundesgebiet verteilt durchgeführt worden waren (vgl. BayObLG, Urt. v. 05.12.1996, EZAR 355 Nr. 16). Zunächst ist davon auszugehen, dass die PKK/ERNK jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt Bestrebungen verfolgt hat, die gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet waren.

Mit der Teilnahme des Klägers an der Autobahnblockade am 22.03.1994 liegen auch hinreichend konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger die oben dargelegten, die Sicherheit des Bundes gefährdenden Bestrebungen der PKK jedenfalls in der Vergangenheit unterstützt hat. Ob diese Aktivitäten des Klägers auch hinreichende Anhaltspunkte dafür bieten, dass er darüber hinaus ein Mitglied oder Funktionär der PKK bzw. der ERNK war oder ist, kann offen bleiben. Denn eine aktive Betätigung für eine Organisation, die Ziele i.S.d. § 11 Nr. 2 StAG verfolgt, reicht als tatsächlicher Anhaltspunkt in der Regel für den Ausschluss des Einbürgerungsanspruchs aus (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 11. 07.2002 - Az: 13 S 1111/01 - zu § 86 Nr. 2 AuslG).

Der Kläger hat durch seine aktive Tätigkeit für die PKK nicht nur gegen die Sicherheit des Bundes gerichtete Bestrebungen, sondern zugleich auch Bestrebungen unterstützt, die durch Gewalt und darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdeten. § 11 Nr. 2 StAG erfasst dabei grundsätzlich die Anwendung von Gewalt innerhalb und auch außerhalb des Bundesgebiets, soweit diese auswärtige Belange der Bundesrepublik gefährdet. Davon ist auszugehen, wenn die Gewaltanwendung einen politischen Bezug hat, der sich nicht allein auf das Inland beschränkt. Letzteres ist bei dem gewaltsamen Kampf, den die PKK, beziehungsweise ihre Kampforganisation, die AGRK, zumindest in der Vergangenheit in der Türkei - auch mit terroristischen Mitteln - geführt hat, der Fall. Denn dieser Kampf diente jedenfalls in der Vergangenheit dem politischen Ziel einer Autonomie der kurdischen Gebiete (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 11. 07.2002 - Az: 13 S 1111/01 - )

Unter diesen Umständen stünde § 11 Nr. 2 StAG einer Einbürgerung des Klägers nur dann nicht entgegen, wenn er i.S. dieser Vorschrift glaubhaft gemacht hätte, sich von den früher unterstützten, durch die Vorschrift inkriminierten Bestrebungen abgewandt zu haben. Die Glaubhaftmachung der Abwendung erfordert die Vermittlung ihrer überwiegenden Wahrscheinlichkeit. Hierfür genügt ein bloß äußeres - zeitweiliges oder situationsbedingtes - Unterlassen der früheren Unterstützungshandlungen nicht. Vielmehr muss zusätzlich ein innerer Vorgang stattgefunden haben, der sich auf die inneren Gründe für die Handlungen bezieht und nachvollziehbar werden lässt, dass diese so nachhaltig entfallen sind, dass mit hinreichender Gewissheit zukünftig die Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen - auch in Ansehung der durch die Einbürgerung erworbenen gesicherten Rechtsposition - auszuschließen ist (VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 11. 07.2002 - Az: 13 S 1111/01 - ).

Nach diesen Maßstäben ist eine Abwendung des Klägers von der früheren Unterstützung von gegen die Sicherheit der Bundesrepublik gerichteten und durch die Anwendung von Gewalt sowie deren Vorbereitung die auswärtigen Belange der Bundesrepublik gefährdenden Bestrebungen, nicht glaubhaft gemacht. Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Glaubhaftmachung einer solchen Abwendung grundsätzlich voraussetzt, dass der Einbürgerungsbewerber einräumt oder zumindest nicht bestreitet, früher eine durch § 11 Nr. 2 StAG inkriminierte Bestrebung unterstützt zu haben (VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 11. 07.2002 - Az: 13 S 1111/01 - ).