VG Ansbach

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Zitieren als:
VG Ansbach, Urteil vom 27.04.2005 - unbekannt - asyl.net: M7487
https://www.asyl.net/rsdb/M7487
Leitsatz:
Schlagwörter: Einbürgerung, Anspruchseinbürgerung, Antrag, formloser Antrag, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, örtliche Zuständigkeit, Umzug, Fortsetzungsfeststellungsklage, Untätigkeitsklage, Verpflichtungsklage
Normen: VwGO § 75; StAG § 40b
Auszüge:

Die Klage ist zulässig. Insbesondere begegnet es keinen Bedenken, die zulässigerweise als Untätigkeitsklage mit dem Ziel der Einbürgerung der Klägerinnen erhobene Verpflichtungsklage nunmehr als Fortsetzungsfeststellungsklage fortzuführen. So haben die Klägerinnen zulässigerweise am 26. Februar 2003 Untätigkeitsklage erhoben. Spätestens mit Schreiben vom 4. September 2001, das am 5. September 2001 bei der Beklagten einging, wurde ein Antrag auf Einbürgerung gestellt. Über diesen Einbürgerungsantrag ist ohne zureichenden Grund in angemessener Frist (hier ca. 1 1/2 Jahre) sachlich nicht entschieden worden. Die Erhebung der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO war daher zulässig. Mit dem Umzug der Klägerinnen zum 1. Mai 2004 nach Böblingen (Baden-Württemberg) trat ein die Hauptsache erledigendes Ereignis ein. Denn die beklagte Stadt Erlangen konnte ab diesem Zeitpunkt mangels örtlicher Zuständigkeit keine Einbürgerung der Klägerinnen mehr vornehmen. Mit dem Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 31.3.1987, Az.: 1 C 32/84) vertritt das Gericht die Auffassung, dass sich weder aus Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG, noch aus der vertriebenenrechtlichen Rechtsprechung, noch aus Gründen der Prozessökonomie, noch aus § 78 Abs. 1 VwGO oder einer analogen Anwendung von § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO ergibt, dass trotz des Umzugs der Klägerinnen aus dem örtlichen Zuständigkeitsbereich die Stadt Erlangen weiterhin zuständig bleiben würde.

Auch die weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage ist gegeben, da ein besonderes Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegt. Im vorliegenden Fall besteht nämlich die grundsätzliche Gefahr, dass die nach dem Umzug zuständige Behörde die Einbürgerung ablehnt, weshalb ein besonderes Interesse der Klägerinnen daran besteht, die strittigen Fragen im Prozess mit der sachnäheren Behörde (Stadt Erlangen) klären zu lassen (Wiedergutmachungsinteresse).

Die somit zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage ist begründet. Das Gericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Stadt Erlangen vor dem Umzug der Klägerinnen nach Böblingen (1.5.2004) verpflichtet war, diese gemäß § 40 b StAG einzubürgern. Zwischen den Beteiligten war lediglich strittig, ob ein "Antrag" auf Einbürgerung gestellt war. Dass die sonstigen Voraussetzungen des § 40 b StAG vorliegen, ist zwischen den Beteiligten unstrittig (vgl. hierzu die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 27.4.2005) und braucht daher nicht weiter vertieft zu werden.

Das Gericht ist unter Berücksichtigung der Aktenlage und der Angaben der Beteiligten in den mündlichen Verhandlungen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerinnen nicht nur eine Art "Vorprüfung" über die Frage angestrengt haben, ob sie zum Personenkreis gehören, der nach § 40 b StAG eingebürgert werden kann, sondern dass sie in der von § 40 b Satz 2 StAG vorgesehenen Frist bis zum 31. Dezember 2000 tatsächlich einen Antrag auf Einbürgerung gestellt haben. Denn mangels entsprechender gesetzlicher Regelung muss davon ausgegangen werden, dass der Antrag nach § 40 b StAG keiner besonderen Form bedarf, also auch mündlich gestellt werden kann. Zwar ist es Verwaltungspraxis, dass die Antrag Stellung für eine Einbürgerung mit einem Formblatt und unter Beifügung bestimmter Anlagen erfolgt. Auch bestimmt Nr. 8.1.1 der Verwaltungsvorschriften zum Staatsangehörigkeitsrecht (StAR-VwV), dass der Antrag schriftlich gestellt werden muss und dass zur Erleichterung der Antragstellung ein Vordruck verwendet werden soll und dass der Einbürgerungsbewerber den Antrag auf eine bestimmte Rechtsgrundlage beschränken kann. Doch handelt es sich hierbei lediglich um eine Verwaltungsvorschrift, die das Gericht nicht bindet. Darüber hinaus ist entscheidend, dass das Gesetz für einen Einbürgerungsantrag eben gerade keine besonderen Formvorschriften trifft, weshalb ein formloser, aber auch ein bloß mündlich gestellter Antrag ausreichend ist (vgl. hierzu Marx im Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht GK-StAR § 40 b, RdNr. 50; ebenso Berlit in GK-StAR zum vergleichbaren Fall des früheren § 85 AuslG, RdNr. 58 f; sowie Hailbronner in Hailbronner/Renner Staatsangehörigkeitsrecht, 4. Auflage, § 8 StAG, RdNr. 111 zum vergleichbaren Fall der Antragstellung im Rahmen des § 8 StAG). Eine schriftliche Antragstellung unter Verwendung der amtlichen Vordrucke erleichtert zwar die Bearbeitung für die Verwaltung, ist aber nicht Voraussetzung für einen wirksamen beachtlichen Antrag (vgl. Berlit in GK-StAR zum "Antrag" im Rahmen einer Einbürgerung nach dem früheren § 85 AuslG).

Im vorliegenden Fall wird aus dem gesamten Ablauf des Verfahrens deutlich, dass der Vater der Klägerinnen offenbar schon 1997, jedenfalls aber ab 1999 versuchte, eine Einbürgerung seiner Familie zu erreichen.

Dass zum damaligen Zeitpunkt der § 40 b StAG noch nicht existierte ist unschädlich, weil nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen ist. Des weiteren war der Antrag auch ersichtlich nicht auf eine bestimmte Rechtsgrundlage beschränkt.

Lediglich hilfsweise sei noch darauf verwiesen, dass die Klage auch dann Erfolg hätte, wenn man davon ausgehen würde, es sei für eine Einbürgerung nach § 40 b StAG ein schriftlicher bzw. formblattmäßiger Antrag notwendig. Denn ein solcher Antrag wurde am 5. September 2001 gestellt. Zwar ist dieser Antrag verspätet, da nach § 40 b Satz 2 StAG diesbezügliche Anträge nur bis zum 31. Dezember 2000 gestellt werden dürfen. Doch wäre hier Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Es besteht Einigkeit darüber, dass dies grundsätzlich möglich ist (vgl. Marx, GK-StAR, § 40 b RdNr. 53 ff. und Renner in Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, § 40 b RdNr. 15).