VG Frankfurt a.M.

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Zitieren als:
VG Frankfurt a.M., Urteil vom 18.03.2005 - 7 E 6524/04.A(1) - asyl.net: M7552
https://www.asyl.net/rsdb/M7552
Leitsatz:
Schlagwörter: Iran, Christen, Missionierung, exilpolitische Betätigung, Situation bei Rückkehr, Flüchtlingsfrauen
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Die Klägerin hat jedoch einen Anspruch auf die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG in ihrer Person vorliegen.

Die Voraussetzungen politischer Verfolgung liegen bei der Klägerin insoweit vor, da sie im Falle der Rückkehr in ihre Heimat dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung aufgrund ihrer Missionierungsaktivitäten für die persische Gemeinde "Neuer Bund" in der Bundesrepublik Deutschland zu erwarten hat.

Die Klägerin hat hierzu in der mündlichen Verhandlung überzeugend geschildert, wie ihre Hinwendung zum christlichen Glauben stattfand. Aufgrund der Konversion der Klägerin und ihrer in diesem Zusammenhang entfalteten Aktivitäten ist nicht auszuschließen, dass sie im Falle ihrer Rückkehr mit Überwachungsmaßnahmen und/oder Befragungen durch Sicherheitsbehörden zu rechnen hat. Die Klägerin ist Christin und missioniert. Nach der Auskunft des Deutschen Orient-Instituts an das VG Schleswig vom 31.03.1997 werden missionarisch tätige christliche Gruppen vom iranischen Staat nicht als religiöse, sondern als politische Gruppen angesehen. Soweit sie aktiv zu missionieren versuchen, kommt es zu ganz gravierenden Schwierigkeiten. Solche Schwierigkeiten seien auch heute jederzeit vorstellbar. Allein die Tatsache, Christin zu sein, würde alleine genommen im Iran nicht schaden. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung aber nachvollziehbar dargelegt, dass sie, in großen Umfang, Missionsarbeit betreibt. Die Missionsarbeit wird aber seitens des iranischen Staates sanktioniert, da sie auf eine Verbreitung der christlichen Religion zielt, was das islamische Regime nicht duldet (Deutsches Orient-Institut an das VG München vom 12.09.1994). Auch amnesty international berichtet in seiner Auskunft an das VG Aachen vom 02.02.1999 davon, dass missionarisch tätige Christen bzw. solche, die man einer Missionsarbeit bezichtigt, in besonderem Maße gefährdet sind, Opfer staatlicher Zwangsmaßnahmen zu werden. Zwar stellt amnesty international auf Konvertiten ab, die nunmehr wegen Apostasie eine hohe Freiheitsstrafe oder eine Verurteilung zum Tode drohen kann; entscheidend ist für amnesty international allerdings auch die missionarische Tätigkeit der Konvertiten. Aufgrund der Teilnahme der Klägerin an Missionsveranstaltungen für Muslime kann davon ausgegangen werden, dass ihr bei Rückkehr in den Iran über eine Befragung und Verhaftung hinaus auch eine körperliche Misshandlung droht. Hinzu kommt das spezielle Risiko für die Klägerin als Frau, weil sie im Iran als Frau gesellschaftlich und rechtlich benachteiligt ist, was sich bei einer Befragung, Festnahme oder Inhaftierung in besonderem Maße für sie negativ auswirken könnte.