OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.12.2005 - 18 B 1529/05 - asyl.net: M7597
https://www.asyl.net/rsdb/M7597
Leitsatz:

Die Ausweisung eines assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen richtet sich nach dem AufenthG unter Berücksichtigung der Einschränkungen für Unionsbürger, nicht nach § 6 FreizügG/EU.

 

Schlagwörter: Ausweisung, Assoziationsberechtigte, Assoziationsratsbeschluss EWG/Türkei, Aufenthaltsgesetz, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: RL 2004/38/EWG Art. 28 Abs. 3; ARB Nr. 1/80 Art. 14; AufenthG § 55; AufenthG § 56; FreizügG/EU § 6
Auszüge:

Die Ausweisung eines assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen richtet sich nach dem AufenthG unter Berücksichtigung der Einschränkungen für Unionsbürger, nicht nach § 6 FreizügG/EU.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Rüge des Antragstellers, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Rechtsprüfung einen falschen Maßstab angewandt, weil nach Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EWG, der auch für assoziationsberechtigte Türken zu gelten habe, eine Ermessensausweisung (§§ 55, 56 AufenthG) nur aus - hier nicht vorliegenden - zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit verfügt werden dürfe, geht fehl.

Aus Art. 28 Abs. 3 der in Rede stehenden Richtlinie, wonach unter bestimmten Voraussetzungen gegen Unionsbürger eine Ausweisung nicht verfügt werden darf, es sei denn, die Entscheidung beruht auf zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedsstaaten festgelegt wurden, kann der Antragsteller zu seinen Gunsten jedenfalls gegenwärtig nichts herleiten. Denn wie der Relativsatz verdeutlicht, ist notwendige Voraussetzung für eine Anwendung dieser Regelung, dass - anders als hier - im nationalen Recht im Einzelnen die Gründe gesetzlich bestimmt sind, aufgrund derer ausnahmsweise auch die von Abs. 3 erfassten privilegierten Unionsbürger - und möglicherweise Assoziationsberechtigten - ausgewiesen werden können (vgl. dazu den Senatsbeschluss vom 27. Juni 2005 - 18 B 1035/05 - sowie Hailbronner, Die Unionsbürgerrichtlinie und der ordre public in ZAR 2004, 299 ff.).

Auch die weiteren Rechtsausführungen des Antragstellers in seinem Schriftsatz vom 16. November 2005 vermögen - unbeschadet der sich mit Blick auf die mit dem 19. September 2005 abgelaufene Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO ergebenden Frage ihrer Berücksichtigungsfähigkeit - der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn der Senat vermag der vom Antragsteller - anders als noch in dem Beschwerdebegründungsschriftsatz vom 14. September 2005 - nunmehr vertretenen Auffassung, wonach er als assoziationsberechtigter Ausländer auch nicht aufgrund einer Ermessensentscheidung ausgewiesen werden dürfe, vielmehr entsprechend der Regelung des § 6 FreizügG/EU eine Feststellung des Verlustes seines Aufenthaltsrechts erforderlich sei, wobei diese Feststellung der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliege und hinsichtlich der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nur auf diejenige des Staates abzustellen sei, nicht zu folgen.

In der Rechtsprechung des Senats (vgl. den Beschluss vom 16. März 2005 - 18 B 1751/04 -, InfAuslR 2005, 245 = EZAR NF 19 Nr. 7) ist geklärt, dass sich die Ausweisung assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger nach dem Aufenthaltsgesetz beurteilt, allerdings unter Berücksichtigung der Grundsätze, die für die Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer gelten, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates der EU besitzen. Die Assoziationsberechtigung eines türkischen Staatsangehörigen führt demgegenüber nicht auf die Anwendung des ebenfalls durch das Zuwanderungsgesetz in Kraft getretenen Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU).