VG Aachen

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Zitieren als:
VG Aachen, Beschluss vom 28.11.2005 - 6 L 823/05 - asyl.net: M7600
https://www.asyl.net/rsdb/M7600
Leitsatz:
Schlagwörter: Sozialgericht, Verwaltungsgericht, Rechtsweg, Asylbewerberleistungsgesetz, Gemeinschaftsunterkünfte, Rechtsgrundlage, Einweisung, Sachleistungen, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: VwGO § 40 Abs. 1 S. 1; SGG § 51 Abs. 1 Nr. 6a; AsylVfG § 53 Abs. 1; AsylbLG § 3
Auszüge:

Das erkennende Gericht hält dafür, dass aus den nachfolgenden Gründen entgegen der vom Sozialgericht Aachen im Verweisungsbeschluss vom 25. November 2005 dargelegten Rechtsauffassung die vorliegende Streitigkeit nach § 51 Abs. 1 Nr. 6a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der seit dem 1. Januar 2005 anzuwendenden Fassung vom 9. Dezember 2004 - wonach in Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes die Sozialgerichte zur Entscheidung berufen sind - von den Sozialgerichten hätte entschieden werden müssen.

Dem Sozialgericht Aachen kann nicht in der Wertung zugestimmt werden, dass sich das Begehren des Antragstellers gegen eine auf eine ausländerrechtliche Norm gestützte Einweisungsverfügung richtet. Der im Bescheid des Antragsgegners vom 18. November 2005 in Bezug genommene § 53 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) enthält keine Rechtsgrundlage, die eine Behörde zum Erlass von Einweisungsentscheidungen wie der Verfügung des Antragsgegners vom 18. November 2005 ermächtigt. Er schreibt nur das Prinzip fest, dass Asylbewerber nach der Entlassung aus der Aufnahmeeinrichtung in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden sollen, und richtet sich damit unmittelbar an die zur Unterbringung verpflichteten Gemeinden (vgl. zu dieser Verpflichtung das Flüchtlingsaufnahmegesetz Nordrhein-Westfalen). Dass der Antragsgegner im Bescheid vom 18. November 2005 dennoch § 53 AsylVfG zitiert hat, ist damit zu erklären, dass die in der Vorschrift enthaltene Unterbringungsregel bei der Anwendung des § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), woraus sich hier der Anspruch des Antragstellers auf eine Unterkunft als Sachleistung ergibt, zu berücksichtigen ist. Liegt damit keine auf § 53 AsylVfG gestützte Einweisungsentscheidung vor, ist bei interessengerechter Auslegung das Begehren des Antragstellers auch nicht gegen einen auf § 53 AsylVfG gestützten Bescheid gerichtet.

Das Begehren des Antragstellers ist aber auch nicht auf die Außervollzugsetzung einer auf § 3 Abs. 1 der Übergangsheimsatzung der Stadt C. vom 13. Februar 1997 (Heimsatzung) gestützten Einweisungsentscheidung gerichtet.

Sein zentraler Einwand geht vielmehr dahin, dass ihm aus gesundheitlichen Gründen der Wechsel aus der von der Stadt C. privat angemieteten Wohnung N. Haus 1 in die Gemeinschaftsunterkunft M.-straße 8 nicht zugemutet werden könne.

Die damit fallentscheidende Frage, ob der Antragsgegner berechtigt ist, den Antragsteller mit sofortiger Wirkung (d.h. ab Bekanntgabe des Bescheides vom 18. November 2005) aus der bisherigen Unterkunft N. Haus 1 in die neue Unterkunft M.-straße 8 mit der Maßgabe umzusetzen, der Antragsteller habe die alte Unterkunft bis zum 25. November 2005 zu räumen, ist somit letztlich nach § 3 AsylbLG zu entscheiden. Nach Absatz 1 Nr. 1 dieser Vorschrift wird als Grundleistung u.a. der notwendige Unterkunftsbedarf von Personen, die -wie der Antragsteller- Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, durch Sachleistungen gedeckt. Wie sich aus § 53 Abs. 1 AsylVfG weiter ergibt, soll als Sachleistung in der Regel eine Gemeinschaftsunterkunft zur Verfügung gestellt werden. Ist die Gemeinschaftsunterkunft - wie vorliegend - eine öffentlich-rechtlich organisierte kommunale Einrichtung, erfolgt die Einweisung in die nach § 3 AsylbLG zugeteilte Unterkunft nach den Bestimmungen der maßgeblichen gemeindlichen Satzung -hier der Heimsatzung-, die aber nicht die bei der Zuteilung der Sachleistung "Unterkunft" auf der Grundlage des § 3 AsylbLG zu beachten- den inhaltlichen Maßstäbe beinhaltet, sondern nur die Instrumente zur Umsetzung der nach § 3 AsylbLG getroffenen Zuteilungsentscheidung bereitstellt.

Dass § 3 AsylbLG die für den Streitentscheid maßgebliche - und damit auch die zuständigkeitsbestimmende - Norm ist, ergibt sich deutlich auch aus dem - durch den hier streitauslösenden Bescheid vom 18. November 2005 erledigten - Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 8. September 2005, in dem § 3 AsylbLG ausdrücklich als Rechtsgrundlage für die Zuteilung einer Unterkunft als Sachleistung genannt wird. Ist ein Antragsteller mit der als Sachleistung nach § 3 AsylbLG zugewiesenen Unterkunft nicht einverstanden - etwa weil er nicht gemeinsam mit einem Raucher in einem Zimmer untergebracht werden möchte -, so verlangt er im Kern eine andere Sachleistung auf der Grundlage des § 3 AsylbLG.

Übertragen auf die Rechtswegproblematik des vorliegenden Falles bedeutet dies nach Allem, dass nach Auffassung des erkennenden Gerichts der Antragsgegner zu Recht angenommen hat, dass der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet ist.