VG Arnsberg

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Zitieren als:
VG Arnsberg, Urteil vom 19.10.2005 - 1 K 1897/04 - asyl.net: M7645
https://www.asyl.net/rsdb/M7645
Leitsatz:
Schlagwörter: Einbürgerung, Türkei, Türken, Mehrstaatigkeit, Steuerschulden, Zumutbarkeit, besondere Härte
Normen: StAG § 40c; AuslG § 86 a.F.; StAG § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 3; StAG § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 4
Auszüge:

Ein Einbürgerungsanspruch könnte sich allein aus § 40 c des Staatsangehörigkeitsgesetzes in der Fassung des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl I S. 1950) - StAG - in Verbindung mit § 86 des Ausländergesetzes in der vor dem 1. Januar 2000 geltenden Fassung (AuslG) in Verbindung mit § 12 StAG ergeben. Die in diesen Vorschriften normierten Voraussetzungen für einen Einbürgerungsanspruch sind nicht erfüllt.

Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG wird von der Voraussetzung des Verlustes der bisherigen Staatsangehörigkeit abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Wann dies der Fall ist, ist in § 12 Abs. 1 Satz 2 StAG geregelt. Die dort abschließend aufgeführten Bedingungen erfüllt der Kläger nicht.

Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG sind die Voraussetzungen für die Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit erfüllt, wenn der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat. Der türkische Staat hat die Entlassung des Klägers aus der türkischen Staatsangehörigkeit jedoch aus Gründen abgelehnt, die der Kläger selbst zu vertreten hat. Von § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 1. Alternative StAG sind über die Fälle der willkürlichen Versagung der Entlassung aus der Staatsangehörigkeit hinaus alle Fälle erfasst, in denen es einem Ausländer nicht gelingt, trotz Erfüllung zumutbarer und sachlich gerechtfertigter Anforderungen aus seiner bisherigen Staatsangehörigkeit entlassen zu werden (vgl. Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, 4. Auflage 2005, Randnummer 13 zu § 12 StAG; Verwaltungsgerichtshof Baden- Württemberg (VGH BW), Urteil vom 15. November 2002 - 13 S 810/02 -, Entscheidungssammlung zum Ausländer- und Asylrecht (EZAR) 271 Nr. 38 S. 4).

Zu vertreten hat der Einbürgerungsbewerber die Versagung der Entlassung aus seiner bisherigen Staatsangehörigkeit, wenn er die Hindernisse für die Entlassung durch Nichterfüllung zumutbarer Pflichten gegenüber seinem Heimatstaat selbst verursacht und zu vertreten hat, und die Entlassungsverweigerung darauf beruht, wie etwa im Falle bestehender Steuerrückstände (vgl. Hailbronner/Renner, a.a.O. Randnummer 15 zu § 12 StAG; VGH BW, Urteil vom 15. November 2002 a.a.O. S. 5; Ziffer 12.1.2.3.1 der vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Staatsangehörigkeitsgesetz in der Fassung des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004; Bundestags-Drucks. 14/533(19) zu Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 StAG).

Hiervon ausgehend lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger die Versagung der Entlassung aus der türkischen Staatsbürgerschaft nicht zu vertreten hat. Es ist nicht zu beanstanden, wenn ein Staat die Entlassung eines Bürgers aus der Staatsbürgerschaft davon abhängig macht, dass der Betreffende seine steuerlichen Zahlungspflichten erfüllt. Etwas anders könnte allenfalls dann gelten, wenn die Inanspruchnahme des Betroffenen als Steuerschuldner willkürlich und als mit rechtsstaatlichen Maßstäben nicht vereinbar anzusehen wäre. Dies ist hier nicht erkennbar. Der türkische Staat verweigert dem Kläger die Entlassung aus der türkischen Staatsbürgerschaft, weil er in der Türkei offenbar im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an einer Gesellschaft als Steuerschuldner in Anspruch genommen wird. Die Hintergründe für die Inanspruchnahme des Klägers sind dem Gericht nicht vollständig bekannt. Es ist jedoch nicht erkennbar, dass diese Inanspruchnahme willkürlich und als mit rechtsstaatlichen Maßstäben nicht vereinbar anzusehen ist.

Eine Einbürgerung des Klägers unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit ist auch nicht nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StAG möglich.

Es ist generell nicht unverhältnismäßig, auch von einem älteren Einbürgerungsbewerber zu verlangen, dass er vor der Einbürgerung die steuerlichen Zahlungspflichten gegenüber seinem Herkunftsstaat erfüllt.