Die zulässige Klage (unten I.) ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind hinsichtlich der darin getroffenen Regelungen über die Ausweisung des Klägers (unten II.), die nachträgliche Verkürzung der Geltungsdauer seiner Aufenthaltserlaubnis (unten III.) und die Abschiebungsandrohung (unten IV.) rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Rechtsschutzbedürfnis nicht dadurch entfallen, dass sich der Kläger nach einer freiwilligen Ausreise im Ausland aufhält und die ihm zuletzt erteilte Aufenthaltserlaubnis inzwischen auch durch regulären Fristablauf erloschen ist.
Hinsichtlich der gegen den Kläger für unbefristete Dauer verfügten Ausweisung folgt das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage bereits aus dem Umstand, dass die Ausweisung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG einer Wiedereinreise in das Bundesgebiet und nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG der Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegensteht.
Die Fristverkürzung kann einer eventuell späteren Aufenthaltsverfestigung entgegenstehen, denn die Dauer des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis kann für spätere ausländerrechtliche Entscheidungen von Bedeutung sein.
Zwar entfaltet die Abschiebungsregelung, weil eine Abschiebung nicht vollzogen worden ist, hier keine Sperrwirkungen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist allerdings dann zu bejahen, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Ausländerbehörde an der getroffenen Abschiebungsregelung festhält und der betroffene Ausländer zum Ausdruck bringt, dass er mit seiner freiwilligen Ausreise seiner Ausreisepflicht nicht endgültig nachkommen wollte (vgl. VGH Kassel, Urteil v. 17.02.1997 - 12 UE1739/95 -, EzAR 044 Nr. 11, unter Bezugnahme auf VGH Mannheim, Beschluss v. 13.04.1994 - 11 S 171/94 -, InfAuslR 1995, 56).
II. Die Ausweisung des Klägers ist rechtswidrig. Der Kläger hat den Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5a AufenthG nicht verwirklicht.
2. Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich auch nicht feststellen, dass der Kläger durch seine Tätigkeit als Imam die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland gefährdet hat.
Soweit von der Beklagten dokumentiert, sollen sich seine Reden mit Vorgängen außerhalb des Bundesgebiets befasst haben. Dass der Kläger in seinen Reden auf eine Umformung der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland hingewirkt oder die Grundprinzipien der innerstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland in Frage gestellt hat oder dass aufgrund seiner Reden jedenfalls die reale Gefahr eines diesbezüglichen Schadenseintritts bestanden hat, lässt sich nicht feststellen
3. Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass der Kläger die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet hat.
Nach der Dokumentation der Sicherheitsbehörden, auf die sich die Beklagte bezieht, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in seinen Reden dazu aufgerufen oder ermuntert hätte, gewalttätige Konflikte im Bundesgebiet auszutragen oder fortzuführen oder unmittelbar gegen bundesdeutsche Institutionen oder Einrichtungen vorzugehen.
4. Schließlich lässt sich den dokumentierten Redeauszügen nicht entnehmen, dass der Kläger öffentlich zur Gewaltanwendung aufgerufen hat.
Jedenfalls fehlt es im Falle des Klägers an einem "Aufrufen" im Sinne des § 54 Nr. 5a AufenthG. Die Kammer schließt sich auch insoweit der vom Oberverwaltungsgericht im Beschluss vom 20.06.2005 dargelegten Rechtsauffassung an, wonach hinsichtlich der Bestimmung des Tatbestandsmerkmals "aufrufen" auf das Stufenverhältnis des Regelausweisungstatbestandes § 54 Nr. 5a AufenthG zum Ermessensausweisungstatbestand § 55 Abs. 2 Nr. 8b AufenthG abzustellen ist und an die Tatbestandsverwirklichung des Regelausweisungstatbestandes deshalb keine geringeren Anforderungen zu stellen sind als an die des Ermessensausweisungstatbestandes. Die Kammer nimmt insoweit auf die entsprechenden Ausführungen in dem Beschluss vom 20.06.2005 Bezug, die sie für zutreffend hält.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hiergegen eingewendet, dass die Auslegung des Begriffs "aufrufen" durch das Oberverwaltungsgericht zu eng sei. Der Aufruf müsse sich nicht auf eine konkrete Tat oder ein bestimmtes Attentat beziehen. Vielmehr reiche es zur Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals aus, wenn durch eine fortlaufende Indoktrinierung bei den Zuhörern der Boden für eine allgemeine Gewaltbereitschaft bereitet werde. Dies sei im vorliegenden Fall nachweislich geschehen. Im Falle einer engeren Auslegung des Begriffs "aufrufen" liefe der Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5a AufenthG zudem leer. Die Kammer vermag dieser Sichtweise nicht zu folgen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Regelungszusammenhang den Verben "aufrufen" und ,,auffordern" eine wesentlich unterschiedliche inhaltliche Bedeutung zukommen soll. Schon nach dem allgemeinen Wortsinn wird unter einem "Aufruf" eine öffentlich geäußerte Aufforderung verstanden. Die Verwendung der Wortkombination "... öffentlich zu Gewalttaten aufruft ..." in § 54 Nr. 5a AufenthG ist daher nur folgerichtig. Dass beim Aufruf ein weniger konkreter Bezug zu der Gewalthandlung zur Verwirklichung des Ausweisungstatbestandes ausreichen soll als im Falle des Aufforderns, ist nicht belegbar oder sonst ersichtlich. Es ist auch nicht erkennbar, dass der Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5a AufenthG im Falle einer "engen" Begriffsauslegung seine Funktion verlöre: § 54 Nr. 5a AufenthG ermöglicht eine erleichterte (Regel-)Ausweisung des Ausländers, wenn die Aufforderung zu Gewalttaten in qualifizierter Weise öffentlich und zur Verfolgung politischer Ziele erfolgt.
III. Die nachträgliche Verkürzung der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis des Klägers durch die angefochtenen Bescheide ist rechtswidrig.
Dabei kann offen bleiben, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine nachträgliche Verkürzung der Frist der Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG oder für eine Rücknahme nach § 48 BremVwVfG bereits nicht erfüllt sind. Jedenfalls weist die von der Beklagten vorgenommene Ermessensentscheidung über die Verkürzung bzw. Rücknahme Rechtsfehler auf.
Soweit die Beklagte aber die öffentlichen Interessen definiert hat, die für eine Verkürzung der Geltungsdauer sprechen sollen, sind ihr Rechtsfehler und Fehlgewichtungen unterlaufen. Die Beklagte subsumiert die dem Kläger zugeschriebenen Äußerungen rechtsfehlerhaft (vorstehend II.) unter den Regelausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5a AufenthG. Diese Annahme legt sie auch ihrer Entscheidung über die zeitliche Beschränkung der Aufenthaltserlaubnis zugrunde (s. Widerspruchsbescheid, S. 12). Dies ist insoweit unschädlich, als es die Frage betrifft, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG erfüllt sind. Bereits das Oberverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 20.06.2005 näher dargelegt, dass es bei der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen ausreicht, dass objektiv irgendein Ausweisungstatbestand vorliegt, ohne dass es darauf ankommt, ob dieser auch von der handelnden Behörde richtig erkannt oder benannt wird.
Anders verhält es sich dagegen bei der behördlichen Ermessensausübung. In der Annahme eines in Wirklichkeit nicht gegebenen Ausweisungsgrundes legt die Beklagte ihrer Ermessensentscheidung bereits eine falsche Sach- und Rechtslage zugrunde. In der weiteren Folge führt dies auch zu einer Fehlgewichtung der in die Ermessensentscheidung einzustellenden öffentlichen Belange.