SG Aachen

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Zitieren als:
SG Aachen, Beschluss vom 08.11.2005 - S 20 AY 12/05 ER - asyl.net: M7702
https://www.asyl.net/rsdb/M7702
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Asylbewerberleistungsgesetz, Einstellungsbescheid, Widerruf, Aufhebung, Widerspruch, Widerspruchsbescheid, Begründung, Mitwirkungspflichten, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: SGB I § 66 Abs. 3; AsylbLG § 4 Abs. 1
Auszüge:

I. Die Antragstellerin (Ast.) bezog von dem Antragsgegner (Ag.) seit November 1993 laufend Leistungen nach dem AsylbLG.

Am 23.06.2004 vermerkte ein Mitarbeiter des Ag. (vgl. Bl. 84 VA): "Frau T ist die Lebensgefährtin des Herrn B und bezieht zur Zeit Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Herr B erhält von mir keine Leistungen, da er offensichtlich über Einkommen und verwertbares Vermögen verfügt. Es wird geprüft, ob die Hilfezahlung an Frau T eingestellt werden kann."

Ohne Anhörung der Ast. stellte der Ag. durch Bescheid vom 06.08.2004 die bisher aufgrund des AsylbLG gewährte Leistung ab dem 01.08.2004 ein mit der (vollständigen) Begründung "Fehlende Mitwirkung und Besitz von verwertbarem Vermögen." Dagegen erhob die Ast. am 01.09.2004 Widerspruch. Als über diesen bis Juli 2005 noch nicht entschieden war, erhob die Ast. am 00.00.0000 Klage (S 00 AY 0/00).Am 19.05.2005 richtete der Ag. ein mit "Widerspruchsbescheid" überschriebenes Schreiben an die Bevollmächtigten der Ast. Mit folgendem Inhalt: " Sehr geehrte Herren Rechtsanwälte, ich habe aufgrund Ihres Widerspruchs vom 01.09.2004 die Sach- und Rechtslage überprüft, sehe jedoch keine Möglichkeit dem Widerspruch abzuhelfen und weise Ihren Widerspruch zurück. Mit freundlichen Grüßen Im Auftrage (K)"

II. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

Die vom Ag. im Hauptsacheverfahren vorgelegte Verwaltungsakte enthält keinerlei Unterlagen, die die Einstellung der Leistung rechtfertigen. Der "Einstellungsbescheid" vom 06.08.2004 lässt nicht erkennen, welche(r) Bescheid(e) über die Gewährung von AsylbLG-Leistungen aufgehoben wird (werden) und auf welcher Rechtsgrundlage dies geschieht. Darin liegt ein erheblicher Begründungsmangel. Der sogenannte "Widerspruchsbescheid" vom 19.09.2005 entbehrt hinsichtlich Form und Inhalt jeglichen Mindestanforderungen an eine Entscheidung über einen Widerspruch; es ist nicht ersichtlich, ob vor Erlass "sozial erfahrene Dritte" gehört worden sind (§ 116 Abs. 1 und 2 SGB XII); der Autor des "Widerspruchsbescheids" vom 19.09.2005 ist derselbe Sachbearbeiter, der auch den Vermerk vom 06.08.2004 formuliert hat, der zum Erlass des Einstellungsbescheides vom 06.08.2004 geführt hat und dessen Autor er ebenfalls war. Es ist nicht nachvollziehbar, ob der Sachbearbeiter K sowohl die erlassende Behörde als auch die Widerspruchsbehörde formell ordnungsgemäß repräsentiert. Offensichtlich sind die Leistungen nach dem AsylbLG ab 01.08.2004 wegen mangelnder Mitwirkung gemäß § 66 Abs. 3 SGB I eingestellt worden. Insofern ist aber nicht ersichtlich, ob und in welcher Form die Ast. den Vorgaben des § 66 Abs. 3 genügend unter Fristsetzung auf ihre Mitwirkungspflicht und die Rechtsfolgen fehlender Mitwirkung hingewiesen worden ist; das in der Verwaltungsakte befindliche Schreiben des Ag. vom 02.07.2004 genügt dem in keinster Weise; dort wurde keine Mitwirkung der Ast., sondern des Herrn B gefordert; es ist nicht ersichtlich, welche Mitwirkungspflicht die Ast. haben soll und wie sie diese ggf. erfüllen sollte.