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OLG Zweibrücken

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Zitieren als:
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 07.09.2005 - 3 W 173/05 - asyl.net: M7749
https://www.asyl.net/rsdb/M7749
Leitsatz:
Schlagwörter: Abschiebungshaft, sofortige weitere Beschwerde, Fristen, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Verschulden, Prozessbevollmächtigte, Zurechenbarkeit, Rechtsmittelbelehrung
Normen: FGG § 22 Abs. 1; FGG § 22 Abs. 2; FGG § 29 Abs. 4; FEVG § 6
Auszüge:

Die an sich statthafte sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist unzulässig. Sie ist nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist des § 22 Abs. 1 FGG eingelegt worden.

1. Die Zwei-Wochen-Frist des § 22 Abs. 1 FGG, der über § 3 Satz 2 FEVG im Verfahren betreffend die Anordnung von Abschiebungshaft gilt, wurde mit der Zustellung des angefochtenen Beschlusses an den Betroffenen persönlich am 9. August 2005 in Lauf gesetzt und endete daher mit Ablauf des 23. August 2005 (§ 17 Abs. 1 FGG, § 188 Abs. 2 BGB). Das Rechtsmittel des Betroffenen ist am 25. August 2005 und damit nach Ablauf der Beschwerdefrist bei Gericht eingegangen.

Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit grundsätzlich eine Rechtsmittelbelehrung geboten ist (vgl. hierzu verneinend: etwa BayObLG MDR 1999, 1386, FamRZ 2000, 494 sowie Beschlüsse vom 20. April 2001 - 3Z BR 22/01 - und vom 15. Januar 1998 - 3Z BR 10/98 -; bejahend: KG KGR Berlin 2003, 290 ff und OLG Hamm FamRZ 2003, 302; OLG Frankfurt a. M.; NJW 2005, 299 und FamRZ 1999, 168). Denn selbst in dem Fall, dass eine Rechtsmittelbelehrung auch in Abschiebungshaftsachen für erforderlich erachtet würde, steht eine unterbliebene Rechtsmittelbelehrung nach der einhelligen Rechtsprechung weder der Wirksamkeit der gerichtlichen Entscheidung noch dem Beginn des Laufs der Rechtsmittelfrist entgegen (vgl. BGH FGPrax 2002, 166 ff; BayObLG KG aaO; OLG Hamm aaO; OLG Frankfurt aaO; Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt, FG 15. Aufl., § 16 Rdnr. 68 sowie Keidel/Sternal, § 22 Rdnr. 68).

2. Gegen die Fristversäumung kann dem Beteiligten zu 1) die im Rechtsbeschwerdeverfahren hilfsweise nachgesuchte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden.

Der Beteiligte zu 1) kann sich im Rahmen der Wiedereinsetzung nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihm mit der angefochtenen Entscheidung keine Rechtsmittelbelehrung erteilt worden ist. Zunächst ist im Abschiebungshaftverfahren eine Rechtsmittelbelehrung gesetzlich nicht vorgesehen (vgl. § 6 FEVG). Die Notwendigkeit einer solchen folgt auch nicht aus den Regelungen des FGG, auf dessen Verfahrensvorschriften § 3 Satz 2 FEVG verweist. Auch dort ist eine Rechtsmittelbelehrung nicht schlechthin, sondern nur in bestimmten, hier nicht einschlägigen Sonderbestimmungen (vgl. § 69 Abs. 1 Nr. 6, § 70 f Abs. 1 Nr. 4 FGG) vorgesehen. Das Unterlassen einer gesetzlich nicht vorgeschriebenen Rechtsmittelbelehrung stellt auch auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (NJW 1995, 3173) für sich allein gesehen nicht zwingend einen Wiedereinsetzungsgrund dar (vgl. Senat, etwa FGPrax 2004, 74 m.w.N.). Ob sich für das vorliegende Verfahren aus der im Wohnungseigentumsverfahren ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofes (FGPrax aaO) etwas anderes ergeben könnte, kann dahinstehen. Denn auch nach der dort vertretenen Auffassung fehlt es jedenfalls in den Fällen, in denen ein juristisch gebildeter Beteiligter seine Rechte verfolgt, an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen Belehrungsmangel und Fristversäumnis (vgl. BGH FGPrax aaO; Senat aaO; BayObLG NJW-RR 2001, 444, 445 und NJW-RR 2003, 301; OLG Celle, Beschluss vom 22. April 2004 - 4 W 62/04 -, zit. nach juris). Dass dieser Gedanke erst recht dann zum Tragen kommt, wenn ein Rechtsanwalt rechtzeitig vor Ablauf der Beschwerdefrist von der anzufechtenden Entscheidung Kenntnis erhält, bedarf keiner weiteren Ausführungen.

Auf dieser Grundlage scheidet vorliegend die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Denn der erst nach Erlass der angefochtenen Entscheidung mandatierte Verfahrensbevollmächtigte hätte, nachdem er auf der Grundlage des Schreibens des Landgerichts vom 11. August 2005 von dessen Entscheidung Kenntnis erlangt hatte, sich über die Zustellung des Beschlusses an seinen Mandanten und deren Datum informieren müssen und können. Gleichermaßen hätte er, nachdem ihm die Entscheidung jedenfalls eine Woche vor Ablauf der Rechtsmittelfrist bekannt war, rechtzeitig sofortige weitere Beschwerde einlegen können und müssen.