VG Berlin

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Zitieren als:
VG Berlin, Beschluss vom 15.11.2005 - VG 15 A 248.05 - asyl.net: M7777
https://www.asyl.net/rsdb/M7777
Leitsatz:
Schlagwörter: Assoziationsratsbeschluss EWG/Türkei, Assoziationsberechtigte, Türken, Arbeitnehmer, Familienangehörige, Familienzusammenführung, Verlust, Erlöschen, regulärer Arbeitsmarkt, Arbeitnehmerbegriff, allgemeine Erteilungsvoraussetzungen, Lebensunterhalt, geringfügige Beschäftigung
Normen: ARB Nr. 1/80 Art. 7 Abs. 1 S. 1; ARB Nr. 1/80 Art. 6 Abs. 1; AufenthG § 34 Abs. 3; AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 1
Auszüge:

Als Rechtsgrundlage für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kommt für den im August 2001 zu seinem in Berlin unselbständig beschäftigten Vater nachgezogenen Antragsteller zunächst Art. 7 Abs. 1 Satz 1 1. Spiegelstrich des Assoziationsratsbeschlusses 1/80 (ARB) in Betracht. (...) Insoweit weist der Antragsgegner zwar zutreffend darauf hin, dass der Vater des Antragstellers seit Dezember 2002 arbeitslos bzw. nur geringfügig beschäftigt war. Jedoch ist zweifelhaft, ob er dadurch sein vorher erworbenes Recht aus Art. 6 Abs. 1 3. Spiegelstrich ARB, das für die Entstehung der Rechte aus Art. 7 Abs. 1 ARB in der Person der Familienangehörigen in den dort genannten Zeiträumen vorliegen muss, verloren hat. Ein Verlust würde voraussetzen, dass der Vater des Antragstellers dem regulären Arbeitsmarkt endgültig nicht mehr angehört, weil er objektiv keine Möglichkeit mehr hat, sich in den Arbeitsmarkt wieder einzugliedern, oder dass er den Zeitraum überschritten hat, der angemessen ist, um nach der Beendigung des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses eine neue Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis zu finden (vgl. EUGH, Urteil vom 7. Juli 2005 - Rs. C- 383/03 - Dogan, InfAuslR 2005, 350 Rn. 23). Entgegen der Ansicht des Antragsgegners wird man unter den Bedingungen des heutigen Arbeitsmarktes die Überschreitung einer Frist von drei oder sechs Monaten noch nicht als eine unangemessen lange Suche nach einer neuen Beschäftigung bezeichnen können, wenn - wie der Vater des Antragstellers - der Arbeitsuchende der Arbeitsverwaltung zur Verfügung steht. Der Vater des Antragstellers benötigte zwar sogar zweieinhalb Jahre, bis er im Mai 2005 eine neue Beschäftigung fand. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass er vom 1. April 2003 bis zum 12. November 2004 eine geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung ausübte, die für sich allein zwar noch keine Arbeitnehmereigenschaft begründet, die aber einen Kontakt zum Arbeitsmarkt darstellt und deshalb Zweifel an der Annahme begründet, der Vater des Antragstellers habe sein Recht aus Art. 6 Abs. 1 3. Spiegelstrich ARB wegen unangemessen langer Arbeitssuche verloren.