OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 09.01.2006 - 9 ME 372/05 - asyl.net: M7806
https://www.asyl.net/rsdb/M7806
Leitsatz:
Schlagwörter: Begründung, Beschluss, rechtliches Gehör, eigenständiges Aufenthaltsrecht, Niederlassungserlaubnis, Ermessen, Kinder, Schutz von Ehe und Familie, Ausreisehindernis, volljährige Kinder, Zumutbarkeit, Abschiebungshindernis
Normen: VwGO § 117 Abs. 5; GG Art. 103 Abs. 1; AufenthG § 35 Abs. 3; AufenthG § 25 Abs. 5; GG Art. 6 Abs. 1
Auszüge:

Die daraufhin vom Antragsteller erhobene Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Antragsteller erhobene Rüge, der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts sei nicht hinreichend entsprechend den Anforderungen des § 117 Abs. 5 VwGO analog begründet worden, greift nicht durch. Eine Verweisung auf § 117 Abs. 5 VwGO ist auch im Beschlussverfahren grundsätzlich zulässig (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.04.2002 - 10 S 2367/01 - NVwZ 2002, 1260 = VBlBW 2002, 431 = NuR 2003, 101). Entgegen der Auffassung des Antragstellers reicht es aus, dass das Verwaltungsgericht ausdrücklich auf die angegriffene Entscheidung und die darin enthaltenen Ausführungen verwiesen hat. Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Bestimmung ist allein, dass das Verwaltungsgericht der Verwaltungsentscheidung in dem Umfang, in welchem es verweist, im Ergebnis folgt.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers verletzt der Beschluss des Verwaltungsgerichts auch nicht Art. 103 Abs. 1 GG . Der dort verankerte Grundsatz rechtlichen Gehörs gebietet dem Gericht nicht, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen ausdrücklich zu bescheiden (BVerfG, Beschluss vom 17.11.1992 - 1 BvR 168,1509/89, 638,639/90 -, BVerfGE 87, 363). Art. 103 Abs. 1 GG fordert allein, dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (BVerfG, Beschluss vom 19.05.1992 - 1 BvR 986/91 -, BVerfGE 86, 133 [145]). Art. 103 Abs. 1 GG ist erst verletzt, wenn das Gericht gegen diesen Grundsatz erkennbar verstoßen hat. Dafür ist im vorliegenden Fall nichts ersichtlich.

Die Ablehnung einer auf § 25 Abs. 5 S. 1 AufenthG gestützten Aufenthaltserlaubnis erweist sich ebenfalls nicht als rechtsfehlerhaft. Dabei kann es der Senat im vorliegenden Fall dahingestellt sein lassen, ob der Anwendungsbereich des § 25 Abs. 5 S. 1 AufenthG allein voraussetzt, dass die Ausreise des Ausländers tatsächlich oder rechtlich unmöglich ist (Nds. OVG, Beschluss vom 24.10.2005 - 8 LA 123/05 -) oder ob sich im Einzelfall auch aus der Unzumutbarkeit einer Rückreise - in der Regel in den Heimatstaat - eine Unmöglichkeit im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ergeben kann (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 1.6.2005 - 3 TG 1273/05 -; Göbel-Zimmermann, ZAR 2005, 275, 278; Heinhold, Asylmagazin 11/04, Die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG, VII; Keßler, Von der Duldung zur Aufenthaltserlaubnis, S. 6). Denn dem Antragsteller ist eine Ausreise nach Marokko weder unmöglich noch unzumutbar. Insbesondere ergibt sich eine rechtliche Unmöglichkeit nicht aus Art. 6 Abs. 1 GG, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt. Dieses Schutzgebot führt zur Annahme eines rechtlichen Abschiebungshindernisses im Sinne von § 60a Abs. 2 AufenthG, wenn es dem Ausländer nicht zuzumuten ist, seine familiären Beziehungen durch Ausreise zu unterbrechen. Der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG umfasst auch das Verhältnis zwischen den Eltern und ihren volljährigen Kindern (BVerfG, Beschluss vom 05.02.1981 - 2 BvR 646/80 - BVerfGE 57, 170). Der Familienschutz auf dem Gebiete des Aufenthaltsrechts soll die familiäre Gemeinschaft gewährleisten. Fehlt es an einer solchen, so kommt dem Schutzgebot aufenthaltsrechtlich kein oder nur ein geringes Gewicht zu (BVerwG, Beschluss vom 6.4.1981 - 1 B 31.81 - InfAuslR 1982, 6). Dementsprechend ist für die Abwägung das Maß der familiären Verbundenheit wesentlich (BVerwG, Urteil vom 26.03.1982 - 1 C 29/81 - a. a. O.).