VG Lüneburg

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Zitieren als:
VG Lüneburg, Urteil vom 05.10.2005 - 4 A 131/04 - asyl.net: M7816
https://www.asyl.net/rsdb/M7816
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Serbien und Montenegro, Kosovo, Ashkali, Ausreisehindernis, abgelehnte Asylbewerber, freiwillige Ausreise, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Ausländerbehörde, Bindungswirkung, Ablehnungsbescheid, Schutz von Ehe und Familie, Zumutbarkeit, Situation bei Rückkehr, Märzunruhen, Integration
Normen: AufenthG § 25 Abs. 5; AsylVfG § 42; GG Art. 6
Auszüge:

Die Kläger können die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nicht verlangen. Als Rechtsgrundlage hierfür kommt allein § 25 Abs. 5 AufenthG in Betracht.

Der Begriff der Ausreise im Sinne des § 25 Abs. 5 AufenthG umfasst dabei sowohl die freiwillige Ausreise als auch die zwangsweise Rückführung (vgl. Amtl. Begründung zu § 25 AufenthG, BT-Drs. 15/240 S. 79, 80). Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG kommt deswegen nur dann in Betracht, wenn sowohl die freiwillige Ausreise als auch eine Abschiebung in dem von der Vorschrift genannten Sinne unmöglich ist (VG Braunschweig, Urt. v. 29.6.2995 - 6 A 171/05 - zit. nach juris, VGH Baden - Württemberg, Urt. v. 6.4.2005 - 11 S 2779/04 - zit. nach juris).

Rechtlich unmöglich ist eine freiwillige Ausreise und Abschiebung, wenn ihr Gründe entgegenstehen, die sich aus dem rechtlichen Verhältnis des Ausländers zu der Bundesrepublik Deutschland ergeben. Da die Fälle, in denen (zielstaatsbezogene) Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 vorliegen, bereits von § 25 Abs. 3 AufenthG erfasst werden, sind rechtliche Gründe im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG vor allem inlandsbezogene Gründe und zwar insbesondere solche, die aus den Grundrechten der Betroffenen folgen (vgl. Amtl. Begründung zu § 25 AufenthG , BT-Drs. 15/240 S. 80). Soweit - wie hier - das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge bestandskräftig festgestellt hat, dass die Voraussetzungen des § 53 AuslG nicht vorliegen, ist es darüber hinaus wegen der aus § 42 Abs. 1 AsylVfG für die Ausländerbehörde folgenden Bindungswirkung ausgeschlossen, ein rechtliches Abschiebungshindernis im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG wegen eines Sachverhaltes anzunehmen, der in den Anwendungsbereich des § 53 AuslG fällt (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 6.4.2005 - 11 S 2779/04 - zit. nach juris; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 15.2.2005 - 18 A 4080/03 -, zit. nach juris).

Nicht entschieden werden muss, ob - etwa mit Rücksicht Art. 2 Abs. 1 , Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - im Rahmen des § 25 Abs. 5 AuslG zu berücksichtigen ist, ob den Betroffenen die Ausreise bzw. Abschiebung aus subjektiven Gründen zumutbar ist (vgl. VG Braunschweig, Urt. v. 29.6.2005 - 6 A 171/05 - zit. nach juris, VGH Baden - Württemberg, Urt. v. 6.4.2005 - 11 S 2779/04 - zit. nach juris, Benassi, "Zur praktischen Bedeutung des § 25 Abs. 4 und Abs. 5 AufenthG", InfAuslR, 2005, 357). Derartige Gründe sind hier für die Kläger nämlich nicht anzuerkennen. Die Kläger können sich dabei nicht mit Erfolg allein auf die Dauer ihres Aufenthalts im Bundesgebiet berufen. Ihnen war der Aufenthalt lediglich zur Durchführung der Asylverfahren gestattet. Sie durften nicht berechtigt darauf vertrauen, sich nach deren erfolglosem Abschluss weiterhin im Bundesgebiet aufhalten zu können. Zeiten des Aufenthalts der Ausländer im Bundesgebiet, die darauf zurückgehen, dass diese ihrer Ausreisepflicht nicht nachgekommen sind, obwohl ihnen die Ausreise tatsächlich und rechtlich möglich war, könnten auch im Rahmen der Prüfung einer Zumutbarkeit der Ausreise nicht zu ihren Gunsten berücksichtigt werden. Hier waren die Kläger zu 1. - 3. bereits mit dem Abschluss ihres ersten Asylverfahrens im Frühjahr 1992 zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet. Ihr zweites Asylverfahren war ebenso wie das Asylverfahren des Klägers zu 4. im Mai 2001 abgeschlossen. Die Kläger sind seither vollziehbar ausreispflichtig, ohne dass sie Anstrengungen unternommen hätten, dieser Ausreisepflicht nachzukommen.

Dabei wäre ihnen eine freiwillige Ausreise möglich gewesen. Zwar standen einer Abschiebung bis zum Mai dieses Jahres tatsächliche Hinderungsgründe entgegen, weil die UNMIK einer Rückführung von Minderheitenangehörigen der Ashkali in den Kosovo vor Mai 2005 nicht zugestimmt hat (vgl. Runderlasse des Nds. Innenministeriums vom 23.9.2004, 25.6.2004 und vom 3.5.2005). Eine freiwillige Ausreise konnte hingegen erfolgen.

Die Ausreise ist für die Kläger auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland unzumutbar. Eine besondere, über die bloße Aufenthaltsdauer hinausgehende Integration der Kläger ist nämlich nicht festzustellen.

Ein Anspruch der Kläger folgt nicht aus § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG, wonach die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden soll, wenn die Abschiebung 18 Monate lang ausgesetzt ist. § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG setzt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG voraus. Die Regelung des § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG stellt keine eigenständige Anspruchsgrundlage dar. Sie knüpft an den Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG an und modifiziert nur die dort vorgesehene Rechtsfolge, sofern das zusätzliche Tatbestandsmerkmal "Aussetzung der Abschiebung seit 18 Monaten" erfüllt ist (VGH Mannheim, Urt. v. 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -).