VG Münster

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Zitieren als:
VG Münster, Urteil vom 31.01.2006 - 7 K 1709/04.A - asyl.net: M7896
https://www.asyl.net/rsdb/M7896
Leitsatz:
Schlagwörter: Angola, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Minderjährige, Versorgungslage, Existenzminimum, alleinstehende Minderjährige, Situation bei Rückkehr
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind in der Person des Klägers erfüllt.

Der Kläger wäre im Falle seiner Rückkehr nach Angola einer extremen Gefahrenlage im Sinne dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ausgesetzt. Denn nach einer Gesamtbetrachtung der gegenwärtigen Lage in Angola und der in der Person des Klägers liegenden individuellen Umstände ist beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr nach Angola akut an Leib und Leben gefährdet wäre.

Auf der Grundlage der dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse ist davon auszugehen, dass sich die Versorgungslage in Angola seit dem Friedensabkommen im Jahr 2002 zwar verbessert hat, dass aber die Mehrheit der angolanischen Bevölkerung immer noch am Rande des Existenzminimums lebt, sie überlebt mit Subsistenzwirtschaft, Kleinsthandel und Gelegenheitsarbeiten. Die Kindersterblichkeit ist noch immer sehr hoch, 45 Prozent der Kinder leiden unter chronischer Unterernährung, die meisten Kinder haben keinen Zugang zu medizinischer Basisversorgung und auch nicht zu sauberem Wasser, rund eine Million Kinder gehen nicht zur Schule (vgl. zur Versorgungslage und Lage der Kinder in Angola u. a.: Lageberichte des Auswärtigen Amtes vom 18. April 2005 und vom 5. November 2004; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Angola im Übergang, Update März 2005).

Den mit der schlechten Versorgungslage verbundenen Gefahren für Leib und Leben ist zwar die Mehrheit der angolanischen Kinder ausgesetzt; eine drohende existenzielle Gefährdung des Klägers im Falle seiner Rückkehr wäre deshalb nur typische Folge der schlechten Versorgungslage in Angola. Die "Sperrwirkung" des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG kommt dennoch nicht zum Tragen. Denn es bestehen individuelle Besonderheiten, die den Kläger von dieser "Sperrwirkung" befreien.

Der Kläger ist noch ein Kind, er ist gerade 13 Jahre alt geworden. Er ist nicht in der Lage, für sich selbst zu sorgen. Die Eltern des Klägers sind schon seit drei Jahren verschwunden. Über seine Schwester hinaus hat der Kläger keine anderen Familienangehörigen, die ihn in Angola aufnehmen und versorgen könnten.