OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31.05.2001 - 16 B 388/01 - asyl.net: M7898
https://www.asyl.net/rsdb/M7898
Leitsatz:

§ 1a AsylbLG ist dahingehend zu verstehen, dass als Rechtsfolge lediglich eine Leistungsreduzierung auf das zum Leben im Geltungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes Unabweisbare möglich ist, nicht aber eine umfassende Entziehung laufender Leistungen mit der Konsequenz, dass die betroffenen Ausländer entweder die Bundesrepublik Deutschland umgehend verlassen oder aber auf die Menschenwürde verletzende und möglicherweise gesetzwidrige Formen der Existenzbestreitung zurückgreifen müssen

Schlagwörter: D (A), Asylbewerberleistungsgesetz, Einreise, um Sozialhilfe zu erlangen, unabweisbar gebotene Hilfe, Leistungskürzung, Taschengeld
Normen: AsylbLG § 1a; AsylbLG § 3 Abs 1 S. 4
Auszüge:

Im Übrigen bejaht der Senat den Zulassungsgrund entsprechend § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO iVm § 146 Abs. 4 VwGO und entscheidet zugleich über die als bereits eingelegt geltende Beschwerde (vgl. § 146 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 iVm § 124a Abs. 2 Satz 4 VwGO), nachdem sich die Beteiligten bereits im Zulassungsverfahren auch zur Sache selbst geäußert haben und zudem die Entscheidung des Senats im Wesentlichen auf rechtlichen Überlegungen und nicht auf einer überschlägigen Bewertung tatsächlicher Umstände beruht.

In diesem Umfang, das heißt im Hinblick auf die Vorenthaltung laufender Grundleistungen iSv § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG, ist die Beschwerde der Antragsteller begründet. Der Antragsgegner ist nicht befugt, den Antragstellern die Gewährung von (unbaren) Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in vollem Umfang bzw. beschränkt auf ein einmaliges "Weg- und Zehrgeld" zu verweigern. Der Senat versteht die Vorschrift des § 1a AsylbLG vielmehr dahingehend, dass als Rechtsfolge lediglich eine Leistungsreduzierung auf das zum Leben im Geltungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes Unabweisbare möglich ist, nicht aber eine umfassende Entziehung laufender Leistungen mit der Konsequenz, dass die betroffenen Ausländer entweder die Bundesrepublik Deutschland umgehend verlassen oder aber auf die Menschenwürde verletzende und möglicherweise gesetzwidrige Formen der Existenzbestreitung zurückgreifen müssen (ebenso Hessischer VGH, Beschluss vom 17. Februar 1999 - 1 TZ 136/99 -, FEVS 51, 223 = ZFSH/SGB 2000, 299; VG Regensburg, Beschluss vom 30. November 1998 - RN 4 E 98.2134 -, NVwZ-Beilage I 6/1999, S. 63; Hohm, in GK-AsylbLG, aaO., Rn. 140 bis 157; Streit/Hübschmann, ZAR 1998, 266 (269 f.); ebenso wohl auch Decker, jeweils aaO., und Deibel, ZFSH/SGB 1998, 707 (714); abweichend OVG Berlin, Beschluss vom 12. November 1999 - 6 SN 203.99 -, FEVS 51, 267 = DVBl. 2000, 68; Hauk, ZFSH/SGB 1999, 650 (651)).