VG Frankfurt a.M.

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Zitieren als:
VG Frankfurt a.M., Beschluss vom 12.01.2006 - 1 G 5165/05 - asyl.net: M7935
https://www.asyl.net/rsdb/M7935
Leitsatz:
Schlagwörter: Verlängerung, Aufenthaltserlaubnis, Ausweisungsgrund, allgemeine Erteilungsvoraussetzungen, Drogendelikte, Ausnahmefall, Schutz von Ehe und Familie, Verhältnismäßigkeit, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: VwGO § 123; VwGO § 80 Abs. 5; AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 2; AufenthG § 84 Abs. 1 Nr. 1; AufenthG § 54 Nr. 3; AufenthG § 5 Abs. 3; GG Art. 6 Abs. 1
Auszüge:

Der somit ausschließlich im Hinblick auf die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers zulässige Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO ist nicht begründet. Die Verfügung der Antragsgegnerin vom 01.11.2005 ist insoweit offensichtlich rechtmäßig. Das gesetzlich begründete öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der die begehrte Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis versagenden Verfügung gem. § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG überwiegt das private Interesse des Antragstellers an einem weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens.

Der begehrten Verlängerung der dem Antragsteller unter dem 06.06.2003 bis zum 05.06.2004 erteilten Aufenthaltserlaubnis steht § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entgegen. Danach setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels, und dies gilt gem. § 8 Abs. 1 AufenthG auch für die Verlängerung, in der Regel voraus, dass neben der Erfüllung der Passpflicht kein Ausweisungsgrund vorliegt. Von letzterem ist vorliegend jedoch offensichtlich auszugehen. "Ausweisungsgrund" ist gleichzusetzen mit "Ausweisungstatbestand". Danach kommt die Erteilung eines Aufenthaltstitels nur dann in Betracht, wenn ein Ausweisungstatbestand nicht verwirklicht ist (vgl. Renner, Ausländerrecht, 8. Auflage, § 5, Rdnr. 20, 21). Diese Sichtweise entspricht im Übrigen der obergerichtlichen Rechtsprechung zu § 7 Abs. 2 AuslG 1990. Bereits vor dem Hintergrund der Verurteilung des Antragstellers durch das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt/Main vom 11.11.2004 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Haschisch) in vier Fällen erweist sich das Vorliegen eines Ausweisungstatbestandes als offensichtlich. Die dieser Verurteilung zu Grunde liegende Tat stellte einen Ausweisungsgrund gem. § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG 1990 bzw. stellt einen Ausweisungsgrund gem. § 54 Nr. 3 AufenthG dar.

Vorliegend kann auch nicht etwa von einem Ausnahmefall i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ausgegangen werden. Anders als noch § 7 Abs. 2 AuslG 1990 benennt § 5 Abs. 1 AufenthG keine Regelversagungsgründe mehr, sondern Regelerteilungsvoraussetzungen für die Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufenthaltstitels. Nach Auffassung des Gesetzgebers werden in § 5 die Erteilungsvoraussetzungen von grundlegendem staatlichem Interesse festgelegt (vgl. Bundestagsdrucksache 15/420, Seite 69). § 5 Abs. 1 AufenthG benennt neben der Passpflicht noch drei weitere Regelerteilungsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel, von denen nur bei besonders gelagerten Einzelfällen abgewichen werden kann (Bundestagsdrucksache 15/420, Seite 70). Der Sachverhalt muss so atypisch gelagert sein, dass eine Versagung des Aufenthaltstitels mit dem gesetzgeberischen Anliegen nicht zu vereinbaren und als ungerecht und insbesondere unverhältnismäßig anzusehen ist (vgl. Renner, Ausländerrecht, 8. Auflage, § 5 AufenthG, Rdnr.: 36).

Ein derart gearteter atypischer Fall liegt jedoch vorliegend nicht vor.

Auch wenn man eine eheliche Lebensgemeinschaft unterstellt, so ist vorliegend nicht von einem Ausnahmefall im dargestellten Sinne auszugehen. Dabei ist zunächst festzustellen, dass der Gesetzgeber die Existenz einer ehelichen Lebensgemeinschaft für sich genommen nicht bereits derart einordnet, dass, wie in den in § 5 Abs. 3 AufenthG erfassten Fällen, von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG abzusehen ist bzw. abgesehen werden kann. Für Kapitel 2 Abschnitt 6 des AufenthG, also den Aufenthalt aus familiären Gründen, gibt es gerade keine dem § 5 Abs. 3 entsprechende Norm. Die eheliche Lebensgemeinschaft als solche kann deshalb einen Ausnahmefall nicht bereits für sich selbst betrachtet begründen.

Etwas anderes kann dann gelten, wenn die Beeinträchtigung der nach Art. 6 Abs. 1 GG aufenthaltsrechtlich geschützten ehelichen und familiären Belange über das im Regelfall übliche Maß hinausgeht, von der gesetzlichen Regel also nicht erfasst ist. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn einer der Ehegatten aufgrund individueller Besonderheiten, etwa Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder psychische Not mehr als in einer dem Regelfall entsprechenden ehelichen Lebensgemeinschaft üblich auf den persönlichen Beistand des anderen Ehegatten angewiesen ist. Dies ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.