OVG Hamburg

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Zitieren als:
OVG Hamburg, Beschluss vom 21.10.2005 - 4 Bs 222/05 - asyl.net: M8013
https://www.asyl.net/rsdb/M8013
Leitsatz:
Schlagwörter: Erwerbstätigkeit, Ausweisung, vorläufiger Rechtsschutz, Suspensiveffekt, Duldung, Ausreisepflicht, Vollziehbarkeit, Bescheinigung, Übergangsregelung, Aufenthaltstitel, Aufenthaltserlaubnis, Zuwanderungsgesetz, Arbeitserlaubnis, Arbeitsberechtigung
Normen: BeschVerfV § 10; AufenthG § 60a; AufenthG § 58 Abs. 1; AufenthG § 58 Abs. 2 S. 2; AufenthG § 105 Abs. 1 S. 1; AufenthG § 84 Abs. 2; AufenthG § 4 Abs. 2; AufenthG § 4 Abs. 3
Auszüge:

1. Der Antragsteller kann beanspruchen, dass die Antragsgegnerin ihm eine Bescheinigung mit dem Inhalt ausstellt, dass er für die Dauer der aufschiebenden Wirkung der Klage 7 K 2291/04 eine Erwerbstätigkeit aufnehmen und ausüben darf.

aa) Der Antragsteller hat mit der Beschwerde zunächst zu Recht geltend gemacht, dass er nicht - wie die Antragsgegnerin und das Verwaltungsgericht angenommen haben - auf das Erlaubnisverfahren nach § 10 der Beschäftigungsverfahrensverordnung - BeschVerfV - vom 22. November 2004 (BGBl. 1 S. 2934) verwiesen werden darf. Diese Regelung ist hier nicht einschlägig. Zwar ist der Antragsteller im Besitz einer Duldungsbescheinigung nach § 60 a Abs. 4 AufenthG. Doch liegen die Voraussetzungen für eine Duldung nach § 60 a AufenthG tatsächlich nicht vor. Mit der Duldung wird die Abschiebung ausgesetzt. Die Abschiebung muss also zulässig sein, was nach § 58 Abs. 1 AufenthG voraussetzt, dass die Ausreisepflicht vollziehbar ist. Hieran fehlt es. Nach der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ausweisungsverfügung durch das Verwaltungsgericht ist der Antragsteller nicht (mehr) vollziehbar ausreisepflichtig (§ 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Antragsgegnerin ihm gleichwohl eine Duldungsbescheinigung ausgehändigt hat. Diese Bescheinigung hat keine konstitutive Wirkung.

bb) Die Berechtigung des Antragstellers, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, ergibt sich aus § 105 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG. Dazu im Einzelnen:

Der mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratete Antragsteller, der im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis war, hat unstreitig auch die (unbefristete) Arbeitsberechtigung erhalten (vgl. dazu § 2 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitsgenehmigungsverordnung - ArGV -). Nach der Übergangsvorschrift des § 105 Abs. 1 Satz 1 AufenthG behält eine vor dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes erteilte Arbeitserlaubnis ihre Gültigkeit bis zum Ablauf ihrer Gültigkeitsdauer.

Die danach fortgeltende Arbeitsberechtigung berechtigt den Antragsteller für sich genommen allerdings nach dem neuen Aufenthaltsrecht noch nicht, weiterhin erwerbstätig zu sein. Nach der Neuregelung des Zugangs von Ausländern zum Arbeitsmarkt durch das Zuwanderungsgesetz vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950) mit Wirkung ab dem 1. Januar 2005 (Art. 15 Abs. 3 Zuwanderungsgesetz) muss sich die Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung grundsätzlich unmittelbar aus dem Aufenthaltstitel oder (etwa bei geduldeten Ausländern) aus einer sonstigen ausländerrechtlichen Bescheinigung - positiv - ergeben und muss die Erlaubnis für den potentiellen Arbeitgeber eindeutig erkennbar sein (vgl. § 4 Abs. 2 und 3 AufenthG). Ausländer dürfen eine Beschäftigung mithin nur ausüben, wenn der Aufenthaltstitel es erlaubt (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AufenthG). Hieran hat die Übergangsvorschrift des § 105 Abs. 1 Satz 1 AufenthG nichts geändert. Sie nimmt "Altfälle" nicht davon aus, dass ein Aufenthaltstitel vorliegen muss, der es erlaubt, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Der Antragsteller ist zwar nicht mehr im Besitz eines Aufenthaltstitels, er ist aufgrund der - eingeschränkten - Fortgeltungsfiktion nach § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG jedoch gleichwohl berechtigt, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

cc) Die Berechtigung des Antragstellers, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, ist ihm zu bescheinigen.

Zwar enthält das Gesetz hierzu keine ausdrücklichen Regelungen. Doch ergibt sich dieser Anspruch mittelbar aus § 4 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Wie bereits ausgeführt, muss sich hiernach die Erlaubnis, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, aus dem Aufenthaltstitel ergeben, und ein Arbeitgeber darf den Ausländer nur beschäftigen unter dieser Voraussetzung. Das setzt voraus, dass der Ausländer dem Arbeitgeber diese Berechtigung nachweisen kann. In den Fällen des § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, in denen einerseits zwar aufgrund einer Ausweisung oder eines sonstigen, die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendenden Verwaltungsaktes der Aufenthaltstitel erloschen ist oder in denen nach Ablehnung eines Verlängerungsantrags die Fortbestehensfiktion nach § 81 Abs. 4 AufenthG nicht (mehr) gilt, in denen andererseits aber der Aufenthaltstitel nach der erstgenannten Vorschrift für Zwecke der Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit als fortbestehend gilt, besteht deshalb ein anzuerkennendes Bedürfnis des Ausländers dafür, dass ihm die Ausländerbehörde die Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit in geeigneter Form bescheinigt.