VG Braunschweig

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Zitieren als:
VG Braunschweig, Urteil vom 08.09.2005 - 3 A 301/04 - asyl.net: M8031
https://www.asyl.net/rsdb/M8031
Leitsatz:
Schlagwörter: Asylbewerberleistungsgesetz, medizinische Versorgung, Kosten, Krankenhaus, Kostenübernahme, Sozialhilfeträger, Kostenübernahmeerklärung, Nothilfe, Notfall
Normen: AsylbLG § 4 Abs. 1; AsylbLG § 4 Abs. 2; AsylbLG § 4 Abs. 3; BSHG § 121; BSHG § 37 Abs. 1; SGB V § 112 Abs. 2
Auszüge:

Die zulässige Leistungsklage hat keinen Erfolg. Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten kein Anspruch auf Erstattung weiterer Aufwendungen in Höhe von 4.757,12 Euro nebst Zinsen für die stationäre Behandlung der Frau R. im Zeitraum vom 11. bis 27.10.2003 zu.

Ein solcher Anspruch des Klägers als Krankenhausträger gegenüber dem Beklagten als für Leistungen nach dem AsylbLG zuständigem Träger ergibt sich nicht aus § 4 Abs. 1, 2 AsylbLG. Diese Vorschrift begründet subjektive Leistungsansprüche lediglich der in § 1 Abs. 1 AsylbLG genannten Leistungsberechtigten, zu denen zwar Frau R. persönlich, jedoch nicht die Klägerin, als Trägerin eines Krankenhauses, in dem ein Leistungsberechtigter stationär behandelt wurde, gehört. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus § 4 Abs. 3 AsylbLG. Darin ist lediglich ein objektiv rechtlicher Sicherstellungsauftrag normiert, wonach die zuständige Behörde die ärztliche und zahnärztliche Versorgung einschließlich von Schutzimpfungen und medizinisch gebotenen Vorsorgeuntersuchungen für nach dem AsylbLG Leistungsberechtigte zu gewährleisten hat. Vergütungsansprüche von Ärzten und Krankenhausträgern werden dadurch nicht begründet (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 10.06.2005 - 7 S 2618/03 -; GK-AsylbLG: § 4 Rn. 14).

Der geltend gemachte Erstattungsanspruch ergibt sich auch nicht über eine analoge Anwendung von § 121 BSHG. Nach dieser Vorschrift sind auf Antrag demjenigen, der in einem Eilfall einem anderen Hilfe gewährt hat, die der Träger der Sozialhilfe bei rechtzeitiger Kenntnis nach diesem Gesetz gewährt haben würde, die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht aufgrund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat und sofern er den Antrag innerhalb angemessener Frist stellt. Unzweifelhaft scheidet im vorliegenden Verfahren eine direkte Anwendung der Vorschrift bereits deshalb aus, weil diese Bestimmung voraussetzt, dass die vom Dritten als Nothelfer geleistete Hilfe "nach diesem Gesetz", mithin nach dem Bundessozialhilfegesetz, geleistet worden wäre. Dies wäre hier jedoch nicht der Fall gewesen, weil Frau R. im streitbefangenen Zeitraum zum Kreis der Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG gehörte. Obwohl das AsylbLG nicht, wie in anderen Problembereichen, auf eine analoge Anwendung von § 121 BSHG verweist, hält die Kammer die Vorschrift bei der Nothilfe für nach dem AsylbLG Berechtigte für grundsätzlich analog anwendbar. Denn der in § 121 BSHG geregelte Tatbestand ist im hier zu beurteilenden Sachverhalt der Fürsorgeleistungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer gleich zu bewerten. Das verdeutlicht insbesondere der Umstand, dass auf bestimmte Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG das BSHG entsprechend anzuwenden ist und dass nach der Intention des Gesetzes für den Nothilfeanspruch ein Grund für die Unterscheidung und Berücksichtigung der Dauer des Aufenthaltes des ausreisepflichtigen Ausländers nicht gegeben ist (vgl. dazu OVG Lüneburg, Urt. v. 11.06.2003 - 4 LB 583/02 -, NDV-RD 2004, 15 ff. unter Berufung auf das ausführliche Urteil des OVG Münster v. 05.12.2000 - 22 A 3164/99 -, FEVS 53, 353 ff.; im Ergebnis ebenso OVG Berlin, Urteil vom 25.11.2004 - 6 B 17.02-FEVS 56, 425 ff.).

In Bezug auf die hier lediglich umstrittene Behandlungszeit vom 11. bis 27.10.2003, für die nach der bis dato erfolgten 19tägigen Krankenhausbehandlung ein sog. Langliegerzuschlag geltend gemacht wurde, liegt jedoch kein Eilfall im Sinne von § 121 BSHG vor.

Außerhalb des Anwendungsbereiches dieser Bestimmung bedarf es somit, wenn der Dritte den Sozialhilfeträger auf Aufwendungsersatz soll in Anspruch nehmen können, entweder entsprechender Vereinbarungen mit dem Sozialhilfeträger, einer - ebenfalls auf vertraglicher Grundlage beruhenden - Heranziehung des Dritten durch den Sozialhilfeträger zur Erfüllung der sich für diesen aus dem Bundessozialhilfegesetz bzw. AsylbLG ergebenden Verpflichtungen oder einer - auch einseitig möglichen - Kostenübernahmeerklärung des Sozialhilfeträgers (vgl. für alles Vorstehende VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 09.07.1997 - 6 S 3239/96 -, recherchiert in Juris, bestätigt durch BVerwG, B. v. 02.02.1998 - 5 B 99.97 -, FEVS 48, 246 ff.). Mangels anderer Rechtsgrundlagen können nur derartige Kostenübernahmeerklärungen Anspruchsgrundlage für eigene Zahlungsansprüche eines Arztes oder Krankenhausträgers gegen den Sozialhilfeträger sein. Kostenübernahmeerklärungen können im Einzelfall, jedoch auch generell vom Sozialhilfeträger, dahin abgegeben werden, jedem Arzt, der den Hilfesuchenden behandelt, die Kosten der Behandlung in dem in der Erklärung berechneten Umfang zu bezahlen. Dazu werden in der Regel in den einzelnen Bundesländern entsprechend den Vorgaben der Vorschriften für die gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) Verträge abgeschlossen, die das Verhältnis zwischen Ärzten, Zahnärzten und Krankenhäusern zu den entsprechenden Leistungsträgern regeln. Diese Regelungen gelten auch für das Verhältnis von Ärzten und Krankenhäusern zu den für Leistungen nach § 37 BSHG bzw. § 4 AsylbLG zuständigen Kostenträgern.

Eine solche Kostenübernahmeerklärung seitens des Beklagten gegenüber der Klägerin für die Behandlung im Zeitraum vom 11. bis 27.10., die keinen Eilfall im Sinne von § 121 BSHG darstellt (s. o.), liegt unzweifelhaft nicht vor.