VG Frankfurt a.M.

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Zitieren als:
VG Frankfurt a.M., Urteil vom 13.01.2006 - 7 E 4979/05.A(1) - asyl.net: M8074
https://www.asyl.net/rsdb/M8074
Leitsatz:
Schlagwörter: Iran, Christen, Konversion, Apostasie, Missionierung, Überwachung im Aufnahmeland, Monarchisten, NID, exilpolitische Betätigung
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Das Gericht ist aufgrund der Angaben und Aussagen des Klägers, der beigezogenen Akten und nach Auswertung aller in das Verfahren eingeführten Dokumente zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Feststellung hat, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen.

Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger aufgrund seiner in der Bundesrepublik erfolgten Konversion zum christlichen Glauben und seiner öffentlichkeitswirksamen, insbesondere seiner missionarischen Tätigkeit innerhalb der christlichen Gemeinde "Pro Orient" in der Bundesrepublik im Falle der Rückkehr in den Iran - wie insoweit erforderlich (BVerwG, Urt. vom 03.11.1992, 9 C 21.92, Urt. vom 05.11.1991, BVerwGE 89, 169) - mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit religiöse Verfolgung zu erwarten.

Zwar wird allein die Ausübung der christlichen Religion seitens des iranischen Staates nicht sanktioniert; soweit die Betroffenen allerdings missionieren oder Aktivitäten entfalten, die auf eine Verbreitung der christlichen Religion zielen, kann dies staatliche Maßnahmen nach sich ziehen (Deutsches Orient-Institut an VG München vom 12.09.1994). Auch amnesty international berichtet in seiner Auskunft an das VG Aachen vom 02.02.1999 davon, dass missionarisch tätige Christen im besonderen Maße gefährdet sind, Opfer staatlicher Maßnahmen zu werden. Zwar stellt amnesty international auf Konvertiten ab, denen wegen Apostasie eine hohe Freiheitsstrafe oder eine Verurteilung zum Tode drohen kann; entscheidend ist für amnesty international allerdings auch die missionarische Tätigkeit der Konvertiten. Aufgrund der häufigen Missionsversuche des Klägers, die auch in öffentlich zugänglichen Gottesdienste stattfanden, kann davon ausgegangen werden, dass ihm bei Rückkehr politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht.

Der Kläger hat nachgewiesen, dass er missionarische Tätigkeiten entfaltet, die über den verfassungsrechtlich geschützten Bereich des religiösen Existenzminimums hinausgehen und diese auch für das iranische Regime nach außen hin erkennbar ist. Es ist zu beachten, dass der iranische Geheimdienst eine systematische Überwachung und Ausforschung der in Deutschland lebenden Iraner betreibt.