VG Köln

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Zitieren als:
VG Köln, Urteil vom 12.12.2005 - 14 K 1280/04.A - asyl.net: M8079
https://www.asyl.net/rsdb/M8079
Leitsatz:
Schlagwörter: Folgeantrag, Drei-Monats-Frist, Änderung der Rechtslage, Änderung der Sachlage, Bundesverfassungsgericht, Afghanistan, Hindus, Prozessbevollmächtigte, Kenntnis, Zurechenbarkeit
Normen: AsylVfG § 71 Abs. 1; VwVfG § 51 Abs. 1 Nr. 1
Auszüge:

Die demnach als Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG fortgeltende Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG in dem angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2004 ist bereits deshalb rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens der Beigeladenen (sog. Folgeverfahren) gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 1. Hs. AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) nicht vorliegen.

Zunächst ist der - mit der am 25. Oktober 2001 beim BAFl eingegangenen Folgeantragsschrift vorgebrachte - Wiederaufgreifensgrund der nachträglichen Änderung der Rechtslage zugunsten der Beigeladenen (§ 51 Abs. 1. Nr. 1 2. Alt. VwVfG) durch die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 10. August 2000 - 2 BvR 260/98, 2 BvR 1353/98 - zur quasi-staatlichen Verfolgung durch die Taliban schon nicht innerhalb der Dreimonatsfrist des § 51 Abs. 3 VwVfG geltend gemacht worden. Dabei ist zu u berücksichtiget dass die Beschlüsse größtenteils noch im Jahr 2000, spätestens aber Anfang 2001 in den einschlägigen Fachzeitschriften veröffentlicht wurden (vgl. etwa NVwZ 2000, S. 1165 ff.; DVBl 2000, S. 1518 ff.; InfAuslR 2000, S. 521 ff.; AuAS 2000, S. 187 ff.; ZAR 2000, 225 f.).

Zudem wurde über diese Entscheidungen auch in der Presse, im Rundfunk und im Fernsehen berichtet. Daher ist davon auszugehen, dass sie spätestens Anfang 2001 dem Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen, der diese auch im Verwaltungsverfahren vor dem BAFl vertreten hat und dessen Wissen der Beigeladenen zugerechnet wird, bekannt waren (vgl. hierzu: Bay. VGH, Urteil vom 20.09.1995 - 7 B 94.1898 -, BayVBl. 1996, S. 147 (148)).

Dessen ungeachtet sind die zuvor zitierten Beschlüsse des BVerfG aber auch nicht als eine Änderung der Rechtslage i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. VwVfG anzusehen. Eine solche Änderung setzt nämlich voraus, dass es sich um eine Änderung des materiellen Rechts nach Erlass des Verwaltungsakts handelt. Keine Änderung der Rechtslage i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. VwVfG stellt demgegenüber jedoch eine bloße Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung dar, weil sie insoweit nur eine bessere Rechtserkenntnis bedeutet. Etwas anderes gilt nur, wenn streitentscheidende Rechtsvorschriften durch die spätere Rechtsprechung des BVerfG entweder rückwirkend außer Kraft gesetzt oder geändert worden sind, was allerdings hier nicht der Fall ist (vgl. hierzu: Bay. VGH, Urteil vom 10.01.2002 - 23 B 01.31238 - (speziell zu den zuvor zitierten Beschlüssen des BVerfG) m.w.N.; Bay.VGH, Urteil vom 20.09.1995 - 7 B 94.1898 -, BayVBl. 1996, S. 147f. m.w.N.).