VG München

Merkliste
Zitieren als:
VG München, Urteil vom 09.02.2006 - M 26 K 05.5227 - asyl.net: M8081
https://www.asyl.net/rsdb/M8081
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Aufenthaltserlaubnis, subsidiärer Schutz, Passpflicht, Passlosigkeit, Passbeschaffung, Identitätszweifel, Mitwirkungspflichten, China, Auslandsvertretung, Untätigkeitsklage
Normen: AufenthG § 25 Abs. 3; AufenthG § 5 Abs. 1 Hs. 1; AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 1a; AufenthG § 5 Abs. 3 Hs. 1; AufenthG § 48 Abs. 3 S. 1; AufenthV § 5 Abs. 2; VwGO § 75 S. 1 Alt. 2
Auszüge:

Klagegegenstand ist die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs.3 Satz 1 AufenthG zu erteilen.

Die Klage ist zulässig. Zwar hat die Beklagte über den am 1. Juli 2005 vom Kläger gestellten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht entschieden, so dass es an einem ablehnenden Bescheid fehlt. Allerdings ist die Klage gem. § 75 Satz 1 Alt. 2 VwGO zulässig, da die Behörde über den gestellten Antrag ohne zureichenden Grund innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung nicht entschieden hat (§ 75 Sätze 1 und 2 VwGO).

Die Klage ist auch begründet, da der Kläger einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG hat.

Die Nichterfüllung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Halbsatz 1 AufenthG) und mögliche Zweifel an der Identität (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 a AufenthG) kann die Beklagte dem Kläger nicht entgegenhalten, da nach § 5 Abs. 3 Halbsatz 1 AufenthG im Fall der Erteilung des Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 3 AufenthG von der Anwendung der Absätze 1 und 2 des § 5 AufenthG abzusehen ist.

Versagungsgründe der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ergeben sich aus § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG, der eine Sonderregelung zu § 5 AufenthG darstellt (so auch BayVGH v. 28.2.2005, Az.: 10 ZB 05.263). Nach dieser Vorschrift wird die Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Mit einem "anderen" Staat ist nach den Absichten des Gesetzgebers ein Drittstaat gemeint, in dem dem betreffenden Ausländer keine Gefahren drohen (so auch die Begründung zu § 25 Abs. 3 AufenthG in BT-Drs. 15/420, S.79; ihr folgend auch Nr. 25.3.2.2 ff. der Vorläufigen Anwendungshinweise zum Aufenthaltsgesetz und Freizügigkeitsgesetz/EU; ebenso Renner, Ausländerrecht, 8. Auflage 2005, § 25 AufenthG Rd.Nr. 26). Die Verletzung der Mitwirkungspflicht muss dazu führen, dass die Ausreise in einen anderen Staat gegenwärtig nicht möglich oder zumutbar ist. Dies ergibt sich aus dem Adjektiv "entsprechende" Mitwirkungspflicht.

Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob die vorgenannte Vorschrift auch dann Anwendung findet, wenn - wie hier - ein möglicher aufnahmebereiter Drittstaat mangels konkreter Anknüpfungspunkte nicht ersichtlich ist und/oder der Kläger gegen die Mitwirkungspflicht verstößt, sich ein Heimreisepapier zu besorgen (dafür, dass zu den "entsprechenden" Mitwirkungspflichten insbesondere die ausweisrechtlichen Mitwirkungspflichten sowie die Pflichten bei der Feststellung und Sicherung der Identität und der Beschaffung gültiger Heimreisepapiere gem. §§ 48, 49, 82 Abs. 4 AufenthG zählen: BayVGH v. 28.2.2005, Az: 10 ZB 05.263). Jedenfalls hat der Kläger - selbst wenn die Vorschrift des § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG auf ihn angewendet würde - ihm zumutbare Anforderungen an die Beschaffung eines Passes erfüllt.

Grundsätzlich dürfen von einem ausreisepflichtigen Ausländer keine Mitwirkungspflichten verlangt werden, die für ihn mit unzumutbaren Schwierigkeiten verbunden oder rechtlich und tatsächlich gar nicht möglich sind (vgl. auch § 5 Abs. 2 Aufenthaltsverordnung - AufenthV -).

Der Kläger hat überzeugend und nachvollziehbar vorgetragen, dass er durch Vorsprache beim chinesischen Konsulat versucht hat, sich einen Pass zu beschaffen.