OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.03.2006 - 18 B 130/06 - asyl.net: M8099
https://www.asyl.net/rsdb/M8099
Leitsatz:
Schlagwörter: Ausweisung, besonderer Ausweisungsschutz, Familienangehörige, Verlöbnis, nichteheliche Lebensgemeinschaft, Assoziationsratsbeschluss EWG/Türkei, Assoziationsberechtigte, Ausreise, Verlust, Erlöschen
Normen: AufenthG § 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 4; ARB Nr. 1/80 Art. 7
Auszüge:

Der Antragsteller macht zur Begründung der Beschwerde zunächst geltend, er lebe seit Jahren in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit einer deutschen Staatsangehörigen, mit der er auch verlobt sei. Ob das Vorbringen in tatsächlicher Hinsicht zutrifft, kann dahinstehen. Denn jedenfalls führt es entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht auf die Annahme besonderen Ausweisungsschutzes nach der allein in Betracht kommenden Bestimmung des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG. Eine Verlobte ist keine Familienangehörige (- hierzu Senatsbeschlüsse vom 12. Februar 1991 - 18 B 84791 -, InfAuslR 1991, 187 und vom 9. August 2002 - 18 B 864/01 -; Renner, Ausländerrecht, 8. Auflage 2005, § 56 Rn. 9; Hailbronner, Ausländerrecht Band 1, Loseblatt, § 56 Rn. 8, § 55 Rn. 114 mit weiteren Nachweisen -) und eine nichteheliche Lebensgefährtin keine Lebenspartnerin im Sinne dieser Bestimmung; weder ein Verlöbnis noch eine nichteheliche Lebensgemeinschaft stellt ferner eine familiäre oder lebenspartnerschaftliche Lebensgemeinschaft in ihrem Sinne dar, denn unter den Begriff des Lebenspartners bzw. der lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG fallen nur (gleichgeschlechtliche) Lebensgemeinschaften im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266) bzw. die daran beteiligten Partner (vgl. auch 56.1.3. i.V.m. 27.2.1 der Vorläufigen Anwendungshinweise zum AufenthG; Hailbronner, a.a.O., mit weiteren Nachweisen).

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Antragsteller - soweit ihm, was demnach offen bleiben kann, ein Aufenthaltsrecht aus Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 zu diesem Zeitpunkt noch zukam - dieses Recht spätestens durch seine Ausreise in die Türkei im Jahre 1988 verloren hat. Dort hat er sich für 15 Monate aufgehalten, um ein der Familie gehörendes Wohn- und Geschäftshaus fertig zu stellen; ferner hat er in dieser Zeit eine deutsche Staatsangehörige geheiratet.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verliert ein Familienangehöriger seine Rechtsstellung aus Art. 7 ARB 1/80 unter anderem dann, wenn er das Gebiet des ihn aufnehmenden Mitgliedstaates für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verlässt (vgl. Urteile vom 16. März 2000 - Rs. C-329/97 (Ergat), InfAuslR 2000, 217, vom 11. November 2004 - Rs. C-467/02 (Cetinkaya), InfAuslR 2005, 13, und vom 7. Juni 2005 - Rs. C-373/03 (Aydinli), NVwZ 2005, 1292).

In diesem Sinne ist auch die Rechtsprechung des Senats zu verstehen, wonach es zum Erlöschen eines Aufenthaltsrechts nach Art. 7 ARB 1/80 führt, wenn der Integrationszusammenhang durch Aufgabe des Lebensmittelpunktes im Bundesgebiet verloren geht, wovon regelmäßig bereits nach sechsmonatiger Abwesenheit von Deutschland auszugehen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Dezember 2002 - 18 B 840/02 - mit weiteren Nachweisen; BayVGH, Beschluss vom 9. Juni 2000 - 10 ZS 00.1366 -, InfAuslR 2000, 424; Armbruster, HTK-AuslR/Art. 7 ARB 1/80 Anm. 5).