OVG Mecklenburg-Vorpommern

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Zitieren als:
OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 01.02.2006 - 2 L 321/02 - asyl.net: M8120
https://www.asyl.net/rsdb/M8120
Leitsatz:
Schlagwörter: Irak, Jesiden, Alkoholverkauf, nichtstaatliche Verfolgung, Schutzfähigkeit, Mosul, interne Fluchtalternative, Nordirak
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Die Berufung hat Erfolg, weil die Kläger bei Berücksichtigung der nach § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen (aktuellen) Sach- und Rechtslage einen Anspruch auf den begehrten Abschiebungsschutz - nunmehr gestützt auf § 60 Abs. 1 AufenthG - haben.

Ob ihnen politische Verfolgung schon wegen ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der Yeziden droht, kann der Senat allerdings offen lassen. Maßgeblich ist hier darauf abzustellen, dass die Verfolgungswahrscheinlichkeit im Falle der Kläger deshalb erhöht ist, weil sie aus einem Gebiet stammen, das schon vor dem Sturz des Baath-Regimes nicht unter kurdischer Kontrolle stand und weil der Kläger zu 1. Alkoholhändler ist.

Die Lage für Yeziden außerhalb des auch schon vor dem Sturz des Baath-Regimes kurdisch kontrollierten Teils des Irak - wozu auch das Gebiet nördlich von Mosul gehört - hat sich nach dem Machtwechsel erheblich verschlechtert. Dies liegt auch daran, dass Yeziden Kurden sind und allgemein auch für Kurden gehalten werden. Sie gelten daher in islamischen Kreisen nicht nur als "Ungläubige", sondern zudem als Verbündete der Amerikaner. Besonders gefährdet sind Besitzer von Alkoholläden. Die Gefahren gehen nicht unmittelbar von staatlichen Stellen, sondern von Personen aus, die immer stärker radikal-islamische Haltungen einnehmen. Die noch im Aufbau befindlichen staatlichen Stellen sind jedenfalls in der genannten Region nicht in der Lage, dagegen Schutz zu gewähren; die Täter müssen auch nicht mit Strafe rechnen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 24.11.2005; Deutsches Orient-Institut, Stellungnahme vom 14.02.2005 gegenüber dem VG Köln zum Az. 18 K 8648/01.A; Europäisches Zentrum für kurdische Studien, Stellungnahmen von 03.11.2004, a.a.O.; VG Köln, Urteil vom 22.08.2005 - 18 K 8648/01.A -).

Die Kläger sind auch landesweit gefährdet. Insbesondere brauchen sie sich nicht auf den Nordirak als innerstaatliche Fluchtalternative verweisen zu lassen (vgl VG Köln, a.a.O.; UNHCR, Stellungnahme vom 06.09.2005 gegenüber dem VG Stuttgart zum Az. A 2 K 13918/03).