VG München

Merkliste
Zitieren als:
VG München, Beschluss vom 18.04.2006 - M 23 E 06.60078 - asyl.net: M8140
https://www.asyl.net/rsdb/M8140
Leitsatz:
Schlagwörter: Afghanistan, Folgeantrag, allgemeine Gefahr, extreme Gefahrenlage, Situation bei Rückkehr, Kriminalität, Erpressung, Plünderung, Folter, Versorgungslage, Schutzfähigkeit, alleinstehende Personen, soziale Bindungen
Normen: VwVfG § 51; AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Es ist als überwiegend wahrscheinlich zu erachten, dass der Antragsteller einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG hat.

Das Gericht hat in nunmehr ständiger Rechtsprechung entschieden, dass afghanische Flüchtlinge bei ihrer Rückkehr nach Afghanistan wegen der dort gegebenen Verhältnisse einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt sein würden, die bei verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz ihre Abschiebung verbietet (vgl. hierzu BVerwGE 108, 77 = DVBl 1999, 549 = InfAuslR 1999, 266; VG München, Urteil vom 15.11.2005 - M 23 K 03.52106). Weil eine staatliche oder staatsähnliche Gewalt gegenwärtig in Afghanistan nicht existiert (vgl. dazu VG München, a.a.O.), sind Auslandsafghanen und Rückkehrer - über den praktisch landesweit herrschenden Zustand allgemeiner und weitgehender Rechtlosigkeit hinaus - typischerweise Opfer von Plünderungen, Entführungen und Gelderpressungen (vgl. VG München, Urteil vom 24.01.2005 - M 23 K 03.52000 - Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 21.06.2005, S. 14). Typischerweise begehen Gruppen von Angehörigen der Sicherheitskräfte bewaffnete Raubüberfälle (Lagebericht, a.a.O.). Folter und willkürliche Verhaftungen sind übliche Praktiken, um Geld zu erpressen (amnesty international, Jahresbericht 2004). Insgesamt ist die Kriminalität enorm angewachsen. Die Regierung ist selbst in der Hauptstadt nicht in der Lage, die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten (Gutachten Dr. Danesch vom 31.05.2005 an das VG München, S. 14/15). Auch das Auswärtige Amt hat in seinem Lagebericht vom 21. Juni 2005 sogar "für frühere Bewohner" Kabul nur in Teilen als "ausreichend sicher" erachtet (Lagebericht, a.a.O.). Darüber hinaus ist das Überleben des Antragstellers deswegen gefährdet, weil es einzelnen in Afghanistan nicht möglich ist, sich den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen.