OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 15.11.2005 - 13 LA 194/05 - asyl.net: M8146
https://www.asyl.net/rsdb/M8146
Leitsatz:
Schlagwörter: Russland, Tschetschenien, Tschetschenen, Gruppenverfolgung, interne Fluchtalternative
Normen: AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 1; AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Die allein geltendgemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) ist nicht gegeben.

Die Frage einer Gruppenverfolgung tschetschenischer Volkszugehöriger hat der Senat in dieser Allgemeinheit ohne weiteres verneint (Beschluss vom 15.7.2004 - 13 LA 251/04 -). Zutreffend weist die Beklagte auf die insoweit weitgehend einhellige Rechtsprechung auch anderer Obergerichte hin. So wird die Auffassung des Senats etwa vom Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht (Urteil vom 24.4.2003 - 1 LB 212/01 -) und vom Thüringer Oberverwaltungsgericht (Urteil vom 16.12.2004 - 3 KO 1003/04 -) geteilt. Danach fehlt es für die Annahme einer Gruppenverfolgung von tschetschenischen Volkszugehörigen an der erforderlichen Dichte der Verfolgungshandlungen. Auch im Vorbringen des Klägers vermag der Senat überzeugende Gesichtspunkte, die eine Befassung in einem Berufungsverfahren erfordern, nicht zu erkennen.

Entsprechendes gilt für die Frage nach der sog. inländischen Fluchtalternative, die sich ohnehin nur dann stellt, sofern jedenfalls für Tschetschenien selbst von einer asylerheblichen Verfolgung auszugehen wäre. Auch insoweit bleibt der Senat indessen bei seiner bisherigen Auffassung (vgl. Beschluss vom 3.7.2003 - 13 LA 90/03 -; Beschluss vom 16.7.2003 - 13 LA 284/03 -) wonach tschetschenischen Volkszugehörigen im Staatsgebiet der Russischen Föderation die Niederlassung möglich ist. Auch insoweit steht die Spruchpraxis im Einklang mit derjenigen des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts und des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (jeweils aaO). Tschetschenischen Volkszugehörigen steht danach eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung; die Beschränkungen in einzelnen Gebieten der Russischen Föderation wegen der unterschiedlichen Registrierungspraxis der Behörden schließen die mögliche Ansiedlung nicht aus.

Dass Rückkehrer Schwierigkeiten bei der Niederlassung zu erwarten haben, liegt durchaus nahe. Diese sind in erster Linie von der Absicht der russischen Behörden gekennzeichnet, die Migrationsströme zu lenken. Diesbezügliche Stellungnahmen von Flüchtlingsorganisationen oder von Einzelpersonen, auf die sich auch der Kläger beruft, erscheinen weitgehend einseitig. Es mag zutreffen, dass Rückkehrer letztlich scheitern, wenn sie sich in bevorzugten Regionen ansiedeln wollen. Zur Überzeugung des Senats steht indessen bei einer Gesamtbetrachtung der Auskunftslage fest, dass für Tschetschenen die Niederlassung und Registrierung innerhalb der Russischen Föderation letztlich möglich ist.