OVG Schleswig-Holstein

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Zitieren als:
OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20.12.2005 - 1 LB 172/02 - asyl.net: M8171
https://www.asyl.net/rsdb/M8171
Leitsatz:
Schlagwörter: Armenien, Aserbaidschan, Staatsangehörigkeit, Mischehen
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Die Feststellung, dass die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG (früher: § 51 Abs. 1 AuslG) vorliegen, kann die Klägerin ebenfalls nicht beanspruchen.

Die Klägerin ist zur Überzeugung des Senats armenische Staatsangehörige.

Die von der Klägerin erstmals in der Berufungsbegründung (schriftsätzlich) vorgetragene Behauptung, sie sei in Wirklichkeit aserbaidschanische Staatsangehörige, hat sie mit keinem Wort begründet. Für das Vorliegen der aserbaidschanischen Staatsangehörigkeit spricht auch nichts. Die Klägerin ist nicht während ihres - angeblichen - Aufenthalts in Aserbaidschan von Ende 1986 bis Frühjahr 1994, zunächst in ..., dann in Berg-Karabach, das offiziell weiter zu Aserbaidschan gehört, aserbaidschanische Staatsangehörige geworden. Nach Art. 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Staatsangehörigkeit der Aserbaidschanischen SSR vom 26. Juni 1990, das am 01. Januar 1991 in Kraft getreten ist, sind Staatsangehörige der Aserbaidschanischen SSR die Personen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes die Staatsangehörigkeit der Aserbaidschanischen SSR besaßen. Das sind die Personen, die zu diesem Zeitpunkt in ihren Wohnorten in Aserbaidschan registriert gewesen sind (vgl. die entsprechende Bestimmung des Art. 5 Abs. 1 im Staatsangehörigkeitsgesetz der Aserbaidschanischen Republik vom 30.09.1998 und den darin enthaltenen "Klammer-Zusatz", der auch zur Auslegung des Art. 4 Abs. 1 des Gesetzes vom 26.06.1990 herangezogen werden kann; im Ergebnis ebenso VG Braunschweig, Urt. v. 04.12.2002 - 8 A 546/01 -). Am 01 Januar 1991 wohnte die Klägerin zwar (angeblich) in Berg-Karabach und damit in Aserbaidschan. Sie war dort jedoch - abgesehen davon, dass es in Berg-Karabach seinerzeit und auch heute keine aserbaidschanischen Behörden gab und gibt - nach ihren eigenen Angaben nicht registriert.

Auch durch ihre - angebliche - Heirat mit einem Aserbaidschaner kann die Klägerin die armenische Staatsangehörigkeit nicht verloren haben. Das folgt schon daraus, dass es sich nach ihren Angaben beim Verwaltungsgericht um keine offizielle, d.h. behördlich oder kirchlich registrierte bzw. bestätigte, Heirat gehandelt hat.

In Bezug auf Armenien liegt kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG vor. Der Klägerin droht bei ihrer Rückkehr keine asylrechtsrelevante Verfolgung.

Bei dieser Prognose ist der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen, weil die Klägerin Armenien unverfolgt verlassen hat.

Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass die Klägerin bei ihrer Rückkehr nach Armenien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrechtsrelevante Verfolgung zu gegenwärtigen hätte. Im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 28. Dezember 2004 ist nur im Zusammenhang mit Abkömmlingen aus armenisch-aserbaidschanischen Mischehen - bei Bekanntwerden der Abstammung - von möglichen Animositäten und Diskriminierungen die Rede, wobei sich auch insoweit die Lage nach dem Waffenstillstand im Jahr 1994 entspannt haben soll (S. 10). Dafür, dass die Klägerin wegen ihrer (angeblichen) "Heirat" mehr zu erwarten hätte als die Abkömmlinge aus armenisch-aserbaidschanischen Mischehen, also mehr als - asylrechtlich unerhebliche - Animositäten oder Diskriminierungen seitens einzelner Personen, spricht nichts. Das ist insbesondere deshalb nicht zu erwarten, weil ihr "Ehemann" schon lange tot und damit die "Ehe" seit langem beendet ist.