VG Lüneburg

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Zitieren als:
VG Lüneburg, Urteil vom 12.01.2006 - 5 A 408/05 - asyl.net: M8192
https://www.asyl.net/rsdb/M8192
Leitsatz:
Schlagwörter: Familienabschiebungsschutz, Zuwanderungsgesetz, Altfälle, Antragstellung, Fristen, Schutz von Ehe und Familie
Normen: AsylVfG § 26 Abs. 4; AsylVfG § 26 Abs. 2 S. 2; GG Art. 6 Abs. 1
Auszüge:

Der Kläger hat keinen Anspruch auf den begehrten Abschiebungsschutz.

Das Bundesamt hat einen Anspruch des Klägers auf Gewährung von Abschiebungsschutz auf der Grundlage der für sein Begehren allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 26 Abs. 4 AsylVfG zu Recht mit der Begründung verneint, dass die in dieser Vorschrift in Bezug genommene Regelung des § 26 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG diesem Anspruch entgegensteht. Nach § 26 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG gelten die Absätze 1 bis 3 des § 26 AsylVfG entsprechend, wenn ein Ausländer (zwar) nicht als Asylberechtigter anerkannt worden ist, für ihn aber unanfechtbar das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG festgestellt wurde. Gemäß § 26 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG ist der Antrag für im Bundesgebiet nach der Zuerkennung von Abschiebungsschutz geborene Kinder innerhalb eines Jahres nach der Geburt zu stellen. Hieran fehlt es.

Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger einen Antrag auf Gewährung von Familienabschiebungsschutz innerhalb eines Jahres nach seiner Geburt mangels einer entsprechenden gesetzlichen Vorschrift erfolgversprechend gar nicht stellen konnte. Der Anwendungsbereich des § 26 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 AsylVfG kann entgegen der Ansicht des Klägers weder im Wege der Auslegung noch der richterlichen Rechtsfortbildung dahingehend ausgelegt werden, dass diese Regelung nicht auf die minderjährigen Kinder Abschiebungsschutzberechtigter Anwendung findet, die - wie der Kläger - zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Regelung am 1. Januar 2005 bereits so alt waren, dass sie die dort vorgesehene Jahresfrist zur Stellung eines Antrages auf Gewährung von Abschiebungsschutzes objektiv nicht einhalten konnten. Der Wortlaut der Vorschrift, der Grenze jeder Auslegung ist, ist eindeutig. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Regelung nach der Zweckrichtung des Gesetzes diesem Sachverhalt nicht gerecht wird, weil sie dessen Besonderheiten in systemwidriger Weise außer acht lässt. Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung des § 26 Abs. 4 AsylVfG erkennbar nicht allen in Deutschland nach der Zuerkennung von Abschiebungsschutz an ein Elternteil geborenen minderjährigen und ledigen Kindern die Möglichkeit einräumen wollen, Familienabschiebungsschutz zu erhalten. Er wollte vielmehr einen Teil der minderjährigen Kinder von Abschiebungsschutzberechtigten, die bei In-Kraft-Treten der Neuregelung das erste Lebensjahr bereits vollendet hatten, vom Familienabschiebungsschutz ausschließen. Andernfalls hätte er eine Übergangsregelung für die bereits geborenen Kinder vorgesehen oder - wie in § 26 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG - eine "unverzügliche" Antragstellung genügen lassen.