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VG Göttingen

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Zitieren als:
VG Göttingen, Urteil vom 18.01.2006 - 2 A 506/05 - asyl.net: M8196
https://www.asyl.net/rsdb/M8196
Leitsatz:

§ 14 a Abs. 2 AsylVfG ist nicht auf Kinder anwendbar, die vor dem 1.1.2005 nach Deutschland eingereist oder dort geboren worden sind.

 

Schlagwörter: Asylantrag, Antragsfiktion, Kinder, in Deutschland geborene Kinder, Zuwanderungsgesetz, Übergangsregelung, Altfälle
Normen: AsylVfG § 14a Abs. 2
Auszüge:

§ 14 a Abs. 2 AsylVfG ist nicht auf Kinder anwendbar, die vor dem 1.1.2005 nach Deutschland eingereist oder dort geboren worden sind.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Klage, über die der Einzelrichter im Einverständnis der Beteiligten gem. § 101 Abs.2 VWGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig und begründet.

Denn mangels Antragstellung nach §§ 13,14 AsylVfG durch ein Elternteil der noch nicht asylrechtsmündigen Klägerin wurde bislang für die Klägerin noch kein wirksamer Asylantrag, der Voraussetzung für die Durchführung eines Asylverfahrens ist, gestellt.

Soweit sich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge darauf beruft, dass auf der Grundlage des am 01.01.2005 in Kraft getretenen § 14a Abs. 2 AsylVfG ein Asylverfahren eingeleitet wurde, vermag die Kammer dem nicht zu folgen.

§ 14a Abs. 2 AsylVfG ist im Falle der Klägerin nicht anwendbar. Sie ist nämlich weder nach dem 01.01.2005 in das Bundesgebiet eingereist noch wurde sie nach diesem Zeitpunkt in dem Bundesgebiet geboren. Entgegen der Ansicht des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid streitet bereits der Wortlaut des § 14a Abs. 2 AsylVfG für die Annahme, dass diese Vorschrift nicht auf die vor dem 01.01.2005 im Bundesgebiet geborenen minderjährigen ledigen Kinder von ehemaligen Asylbewerbern anzuwenden ist (vgl.: VG Göttingen, Beschl. v. 17.03.2005 - 3 B 272/05 -; VG Oldenburg, Beschl. v. 22.06.2005 - 11 B 2465/05 -; VG Lüneburg, Beschl. v. 01.08.2005 - 4 B 31/05 -; sämtlich veröffentlicht in der Online - Rechtsprechungsdatenbank des Nds. Oberverwaltungsgerichts; www.dbovg.niedersachsen.de/index.asp).

So begründet § 14a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG (erst) seit dem 01.01.2005 eine Anzeigepflicht, wenn ein unter 16 Jahres altes Kind im Bundesgebiet geboren "wird" und stellt - wie das Bundesamt wohl meint - nicht darauf ab, dass es hier geboren "worden ist". Es existiert auch keine Übergangsregelung, die entgegen dem Wortlaut klarstellte, dass § 14a Abs. 2 AsylVfG auch auf vor dem 01.01.2005 im Bundesgebiet geborene Kinder anzuwenden ist.

Letztlich stehen auch die Grundsätze des sog. intertemporalen Verfahrensrechts, wonach sich verfahrensrechtliche Änderungen auch auf laufende Rechtsstreitigkeiten auswirken können, der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen. Denn diese Grundsätze gelten nur für bereits begonnene Verwaltungsverfahren (vgl. § 96 VwVfG; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. § 96 Rn. 4); § 14a AsylVfG dagegen regelt, dass bzw. ob ein Verfahren überhaupt in Gang gesetzt wird.

Ist somit kein wirksames Asylverfahren für die Klägerin eingeleitet worden, erweist sich damit der angefochtene Bescheid in Gänze als rechtswidrig.