VG Würzburg

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Zitieren als:
VG Würzburg, Gerichtsbescheid vom 30.01.2006 - W 7 K 05.439 - asyl.net: M8217
https://www.asyl.net/rsdb/M8217
Leitsatz:

Kein Versagungsgrund nach § 10 Abs. 3 S. 2 AufenthG, wenn das Bundesamt den Asylantrag unter Berufung auf § 30 Abs. 1 AsylVfG und nicht auf § 30 Abs. 3 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat.

 

Schlagwörter: D (A), abgelehnte Asylbewerber, allgemeine Erteilungsvoraussetzungen, offensichtlich unbegründet, Ablehnungsbescheid, Bundesamt
Normen: AufenthG § 10 Abs. 3 S. 2; AsylVfG § 30 Abs. 3
Auszüge:

Kein Versagungsgrund nach § 10 Abs. 3 S. 2 AufenthG, wenn das Bundesamt den Asylantrag unter Berufung auf § 30 Abs. 1 AsylVfG und nicht auf § 30 Abs. 3 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die zulässige Klage, über die durch Gerichtsbescheid entschieden werden konnte, weil die Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 VwGO erfüllt sind, ist im Hilfsantrag begründet, denn der Kläger wird durch den ablehnenden Bescheid in seinen Rechten verletzt und die Behörde war zu verpflichten, über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unter Beachtung des Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Das Landratsamt Aschaffenburg begründet die Ablehnung der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG ausschließlich damit, dass ein zwingender Versagungsgrund entgegenstehe. § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG regele nämlich, dass vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden dürfe, sofern der Asylantrag eines Ausländers nach § 30 Abs. 3 AsylVfG abgelehnt worden ist. Wie dem Gesetzeswortlaut zu entnehmen ist, gilt dieser gesetzliche Versagungsgrund aber nur für den Fall, dass die Ablehnung des Asylantrages als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 3 AsylVfG erfolgt ist, d.h. unter den dort in den Ziffern 1 bis 7 abschließend aufgeführten Gründen. Nur in diesen Fällen, in denen der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität getäuscht oder Mitwirkungspflichten gröblich verletzt hat, soll dieses Verhalten auch aufenthaltsrechtlich sanktioniert werden. Die Fallgruppen des § 30 Abs. 3 AsylVfG betreffen insbesondere den Verstoß gegen Mitwirkungspflichten und andere Fälle rechtsmissbräuchlicher Antragstellung sowie Fälle der Begehung schwerer Straftaten.

Die Behörde übersieht bei ihrer Argumentation allerdings, dass der Asylantrag des Klägers zwar unstreitig als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist, den Gründen des Bescheides des Bundesamtes vom 1. Oktober 2002 lässt sich aber entnehmen, dass die Ablehnung auf § 30 Abs. 1 AsylVfG gestützt worden ist. Die Vorschrift des § 30 Abs. 3 AsylVfG wird in dem fraglichen Bescheid niemals erwähnt. Auf Seite 7 des Bescheides befinden sich zwar Ausführungen des Bundesamtes zum Vorbringen des Klägers, die (möglicherweise) dahingehend gedeutet werden könnten, dass das Bundesamt vielleicht auch die Vorschrift des § 30 Abs. 3 Ziffer 1 AsylVfG angedacht haben könnte, doch fehlt es dann jedenfalls an einer nachvollziehbaren und schlüssigen Darlegung, warum gerade in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Klägers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich sein soll. Da hierzu dem fraglichen Bescheid keine Begründung zu entnehmen ist und das Bundesamt auch nur die Vorschrift des § 30 Abs. 1 AsylVfG für die Ablehnung als offensichtlich unbegründet zitiert hat, kann von einer Ablehnung i.S. des § 30 Abs. 3 AsylVfG nicht ausgegangen werden mit der Folge, dass die auf § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG gestützte Ablehnung des Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis fehlerhaft ist.