SG Duisburg

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Zitieren als:
SG Duisburg, Beschluss vom 22.05.2006 - S 31 AY 4/06 ER - asyl.net: M8263
https://www.asyl.net/rsdb/M8263
Leitsatz:

Unabweisbar gebotene Leistungen nach § 1 a AsylbLG umfassen im Einzelfall auch die aufgrund der gesundheitlichen Situation gebotenen Leistungen (hier: Übernahme der Kosten für eine Privatunterkunft bei schwerer psychischer Erkrankung).

 

Schlagwörter: D (A), Asylbewerberleistungsgesetz, Leistungskürzung, abgelehnte Asylbewerber, Iran, freiwillige Ausreise, Passbeschaffung, Freiwilligkeitserklärung, unabweisbar gebotene Hilfe, Unterbringung, Krankheit, Gemeinschaftsunterkünfte, Privatwohnung, psychische Erkrankung, Depression, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), einstweilige Anordnung
Normen: AsylbLG § 1a
Auszüge:

Unabweisbar gebotene Leistungen nach § 1 a AsylbLG umfassen im Einzelfall auch die aufgrund der gesundheitlichen Situation gebotenen Leistungen (hier: Übernahme der Kosten für eine Privatunterkunft bei schwerer psychischer Erkrankung).

(Leitsatz der Redaktion)

 

Der zulässige Antrag ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass hinsichtlich der Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung ein Anordnungsanspruch besteht.

Dabei kann dahin stehen, ob aus von der Antragstellerin zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können wie es § 1 a Nr. 2 AsylbLG für eine Anspruchseinschränkung verlangt.

Selbst wenn hier in der Weigerung der Antragsgegnerin die einzige und von ihr zu vertretende Ursache für den fehlenden Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen gesehen würde, hat sie nach § 1 a AsylbLG Anspruch auf die im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar gebotenen Leitungen. Bei dem "unabweisbar Gebotenen" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der alleine anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu bestimmen ist. Es ist eine differenzierende Entscheidung notwendig, bei der unter Berücksichtigung des Einzelfalls die zur Sicherung der Existenz des Ausländers unverzichtbaren Leistungen zu gewähren sind. Bei der Bestimmung des Leistungsumfangs ist auch die Dauer des noch verbleibenden Aufenthaltes in der Bundesrepublik zu berücksichtigen. Ist noch ein längerer Aufenthalt erforderlich, ist der Bedarf des Ausländers durch Grundleistungen nach § 3 AsylbLG ohne Taschengeld sicher zu stellen und der Unterkunftsbedarf durch einen Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft (vgl. Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, Kommentar zum SGB XII, § 1 a AsylbLG Rn. 8).

Nach der im Verfahren das einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung kann das unabweisbar Gebotene aufgrund der gesundheitlichen Situation der Antragstellerin hier nur durch Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung gewährleistet werden. Unabweisbar geboten sind auch diejenigen Leistungen, die zum Erhalt der körperlichen Integrität und Unversehrtheit und der Erhaltung der Existenz erforderlich sind. Das ergibt sich bereits daraus, dass nach § 1 a AsylbLG neben den im Einzelfall zu gewährenden Leistungen immer auch Leistungen bei Krankheit zu gewähren sind. Die Antragstellerin ist nach eigenem Vortrag seit 2000 in nervenärztlicher Behandlung. Sie leidet unter Depressionen, die medikamentös behandelt werden und trägt sich mit Suizidgedanken. Diese Angaben sind durch den behandelnden Arzt in dem während des Verfahrens eingeholten Befundbericht bestätigt worden, der darauf hinweist, dass ein Wohnungswechsel, insbesondere in eine Gemeinschaftsunterkunft, die Depression erheblich verschlechtern würde. In 2003 hat der ärztliche Dienst des Antragsgegners die Labilität der Antragstellerin bestätigt und Reisefähigkeit nicht bescheinigen können.