Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 2. März 2006, der das Sozialgericht nicht abgeholfen und die es dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat (§ 174 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), ist zwar zulässig (§§ 172, 173 SGG), aber nur teilweise begründet.
Sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch liegen nach der im einstweiligen Anordnungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung vor.
Gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG ist abweichend von den §§ 3 und 7 des AsylbLG das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben.
Was unter "rechtsmissbräuchlich" im Sinne des § 2 Abs. 1 AsylbLG zu verstehen ist, wird weder in der Vorschrift selbst noch an anderer Stelle des AsylbLG definiert. Aus dem Wortverständnis und auch aus den Gesetzesmaterialien (BR-Drucksache Nr. 22/03 vom 16. Januar 2003, S. 295f) zum Zuwanderungsgesetz 2004 (BGBl I S. 1950) ergibt sich aber, dass unter "rechtsmissbräuchlicher Beeinflussung" ein verschuldensgetragenes Fehlverhalten zu verstehen ist. Unter Hinweis auf die Vereinbarkeit mit einer zum damaligen Zeitpunkt erwarteten europarechtlichen Regelung wurden hierfür beispielhaft die Vernichtung des Passes sowie die Angabe einer falschen Identität erwähnt. Die inzwischen in Kraft getretene EU-Richtlinie (2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003, in GK-AsylbLG Bd. 2, IX-1, S. 11ff) führt unter Art. 16 als Fehlverhaltensweisen, die sich auf die Dauer des Aufenthalts auswirken können, insbesondere das unerlaubte Verlassen eines zugewiesenen Aufenthaltsorts, den Verstoß gegen Melde-, Auskunfts- und bestimmte Mitwirkungspflichten sowie die mehrfache oder verspätete Stellung eines Asylantrages auf. Sie befasst sich allerdings nur mit Sanktionen gegen Asylbewerber. Bei der gesetzlichen Neuregelung des § 2 AsylbLG, die im Hinblick auf die EG-Richtlinie erfolgte, entschied sich der Gesetzgeber dafür, keine Unterschiede zwischen Berechtigten, die Asylbewerber sind und denjenigen, die aus sonstigen Gründen unter das AsylbLG fallen, zu machen. Eine Sonderregelung der Sanktionsmöglichkeiten für Nichtasylbewerber, die unter das AsylbLG fallen, war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand gesetzgeberischer Überlegungen. Die Auslegung des § 2 AsylbLG anhand der Richtlinie 2003/9/EG gilt nach Auffassung des Senates daher auch hinsichtlich dieser Leistungsberechtigten (so auch Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen 20.12.2005 - L 7 AY 51/05, nicht rechtskräftig, Revision beim BSG anhängig unter B 9b AY 1/06 R).
Bei Erfüllung der 36-monatigen Bezugsdauer nach § 3 AsylbLG können die erhöhten Analogleistungen demnach nur noch in wenigen Ausnahmefällen versagt werden; wenn nämlich dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Fehlverhalten vorgeworfen werden kann. Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall. Gemäß der von der Antragsgegnerin zum internen Dienstgebrauch herausgegebenen "Aktuellen Liste der Abschiebestopps und LSG HAM Beschluss - 27.04.2006 - L 4 B 84/06 ER AY 3 / 4 fachliche Vorgabe zur Duldungserteilung" vom 8. Juli 2005 (2/2005) besteht zur Zeit zugunsten serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger, die aus dem Kosovo stammen und der Volksgruppe der Serben und Roma (ausgenommen Straftäter) angehören, ein Abschiebestopp aus tatsächlichen Gründen, nämlich nach Maßgabe der UNMIK-Gespräche der Bundesregierung vom April 2005 sowie wegen fehlender bzw. unzureichender Flugverbindungen. Den betroffenen Personen soll der Status der Duldung erteilt werden, was im Falle der Antragsteller auch vorgenommen worden ist. Davor bestand bis 31. Mai 2003 ein Abschiebestopp aufgrund der Krisensituation im Herkunftsland (Weisung der Behörde für Inneres Hamburg 2/2003).
Die (bloße) Ausnutzung der bestehenden Rechtsposition der Duldung ist nicht rechtsmissbräuchlich, obwohl damit die Aufenthaltsdauer beeinflusst wird (so auch LSG Niedersachsen-Bremen 20.12.2005, a. a. O. und Sächsisches LSG 9.2.2006, L 3 B 179/05 AY-ER). Dabei bleibt es der Ausländerbehörde vorbehaltlich anderer Abschiebungshindernisse unbenommen, Voraussetzungen für eine Abschiebung zu schaffen und diese durchzusetzen, zumal wenn wie hier aus ihrer Sicht nur logistische Probleme der Rückführung entgegenstehen. Ein Absehen von einer Abschiebung darf nicht den Antragstellern angelastet und ihnen deswegen Rechtsmissbrauch vorgeworfen werden. Zur Begründung eines Rechtsmissbrauchs reicht es nicht, dass - wie die Antragsgegnerin annimmt - eine freiwillige Ausreise möglich und das Kosovo zwar nicht direkt per Flugzeug, jedoch nach Weiterfahrt per Bus für die Antragsteller erreichbar sei. Unabhängig davon, ob diese Einschätzung zutrifft, liegt Rechtsmissbräuchlichkeit im Sinne des § 2 AsylbLG nicht schon beim Fehlen eines freiwilligen Ausreisewillens bei bestehender Duldung vor. Würde die freiwillige Ausreisemöglichkeit bereits dazu führen, dass Analogleistungen ausgeschlossen wären, liefe die Vorschrift des § 2 AsylbLG leer, denn die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise besteht - außer im Fall der Einreiseverweigerung des (wieder-)aufnehmenden Staates (etwa wegen fehlender Reisedokumente) - grundsätzlich immer. Selbst bei Vorliegen von Gründen, die einer zwangsweisen Abschiebung nach §§ 60, 60a AufenthaltsG zwingend entgegenstünden, wird die Auffassung vertreten, jeder dürfe sich freiwillig in solche Situation begeben (hierzu z.B. das Niedersächsische OVG, 24.10.2005, 8 LA 123/05, ZAR 2006, 31). Das Argument der freiwilligen Ausreisemöglichkeit ist daher kein geeignetes Kriterium zur Ausfüllung des Begriffs der Rechtsmissbräuchlichkeit.
Soweit die Analogleistungen auch für den Antragsteller zu 6. begehrt werden, hat die Beschwerde hingegen Erfolg. Das am ... 2005 geborene Kind erfüllt nämlich die Voraussetzungen des 36-monatigen Bezuges von Leistungen nach § 3 AsylbLG nicht. Minderjährige Kinder unterliegen für die Frage der Gewährung von Leistungen nach § 2 AsylbLG verschärften Voraussetzungen. Gemäß § 2 Abs. 3 AsylbLG sind ihnen nur dann Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG zu gewähren, wenn mindestens ein Elternteil in der Hausgemeinschaft diese Leistungen erhält. Die Verwendung der Formulierung "nur ... wenn" weist darauf hin, dass minderjährige Kinder sowohl die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG als auch zusätzlich nach § 2 Abs. 3 AsylbLG erfüllen müssen. Der nicht ungewöhnliche Fall eines noch nicht 36 Monate alten Kindes wurde hingegen in Abs. 3 nicht besonders erwähnt oder geregelt, so dass auch nicht entgegen dem Wortlaut der Vorschrift von einem Absehen des Erfordernisses des 36-monatigen Leistungsbezuges ausgegangen werden kann. Einem jüngeren Kind können daher Analogleistungen nicht zustehen.
Bei den Antragstellern zu 1. bis 5. liegt auch ein Anordnungsgrund vor. Ein solcher ist zu bejahen, wenn dem Rechtssuchenden aufgrund einer besonderen Eilbedürftigkeit das Abwarten einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zumutbar ist. Ein dringendes Regelungsbedürfnis ist nicht schon deswegen abzulehnen, weil die Antragsteller zumindest die Grundleistungen nach § 3 AsylbLG weiterbeziehen. § 3 AsylbLG gewährt keine laufende Hilfe zum Lebensunterhalt im Sinne der § 27 ff SGB XII i.V.m. der jeweils gültigen Regelsatzverordnung, sondern nur die erheblich niedrigeren Grundleistungen. Hierin sind z.B. Aufwendungen für die Teilnahme am kulturellen Leben nicht vorgesehen. Die Zulässigkeit für die im Vergleich zur Sozialhilfe deutlich abgesenkten Leistungen wurde darin gesehen, dass bei intendierter nur kurzer Verweildauer im Bundesgebiet ein Integrationsbedarf nicht anfalle (BT-Drucksache 12/4451, S. 7) und hinsichtlich des Existenzminimums für Personen, die in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt sind, und dem Existenzminimum von Leistungsberechtigten zu differenzieren sei (BVerwG 29.9.1998, 5 B 82/97, NVwZ 1999, 669). Die gemäß § 3 Abs. 2 AsylbLG als Grundleistungen gewährten Beträge wurden in der Höhe seit 1993 nicht angepasst und sind durchschnittlich um ein 1/3 niedriger als der entsprechende Regelsatz unter Anwendung des SGB XII (Leistung für den Antragsteller zu 1. als Haushaltsvorstand zur Zeit: gerundet 225,- Euro, hingegen nach § 1 Regelsatzverordnung: 345,- Euro). Bei Verweis auf ein Hauptsacheverfahren würde die Erreichung des Zweckes von § 2 AsylbLG, nämlich bei längerfristiger Dauer des Aufenthaltes auch Bedürfnisse anzuerkennen, die auf eine stärkere Angleichung der Lebensverhältnisse und auf bessere soziale Integration zielen (BT-Drucksache 12/5008 S. 15), verfehlt. Angesichts der Tatsache, dass sich die Familie seit 1999 im Bundesgebiet aufhält und drei der vier Kinder schulpflichtig sind, besteht ein aktueller, vermehrter Integrationsbedarf. Ihnen wäre nicht damit gedient, die streitigen Beträge möglicherweise erst nach Jahren zu erhalten. Im Übrigen sind die ihnen zur Verfügung stehenden Geldmittel durch den Wegfall der den Antragstellern früher nicht in unerheblichem Umfang gewährten einmaligen Leistungen seit dem Jahre 2005 zurückgegangen.