Die Beschwerde ist auch begründet, weil das Sozialgericht Magdeburg es zu Unrecht abgelehnt hat, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtschutzes zur Bewilligung von vorläufigen Leistungen gemäß § 2 AsylbLG zu verpflichten.
3. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Magdeburg ist hier ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden. Zwar kann der Antragsteller von den derzeit gewährten Leistungen nach § 3 AsylbLG seinen Lebensunterhalt ohne Gefährdung der Existenz weiterhin bestreiten. Dies folgt schon aus dem Umstand, dass er in der Vergangenheit drei Jahre lang mit diesem Leistungssatz gelebt hat. Es ist auchdavon auszugehen, dass mit den Geldleistungen nach § 3 AsylbLG die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Leben gewährleistet sind (so auch BVerwG, Beschluss vom 29. September 1998, 5 B 82/97, recherchiert über JURIS). Auch hat der Antragsteller keine besondere Härte glaubhaft gemacht, weshalb ihm ohne den höheren Leistungssatz wesentliche Nachteile drohen würden.
Hier ergibt sich die Eilbedürftigkeit aber schon aus dem Willen des Gesetzgebers, der sich in § 2 Abs. 1 AsylbLG wieder spiegelt. Danach sollen grundsätzlich alle Asylbewerber nach einer Aufenthaltsdauer von 36 Monaten die Leistungen erhalten, die dem soziokulturellen Existenzminimum entsprechen. Der für die ersten 36 Monate deutlich herabgesenkte Leistungssatz wird nur für eine vorübergehende Zeit als zumutbar angesehen. Bei einem länger dauernden Aufenthalt kann, auch wegen der zu erwartenden sozialen Integration, auf diese geringeren Leistungen nicht mehr zumutbar verwiesen werden, wenn nicht ausnahmsweise Gründe in der Person vorliegen, welche die Absenkung rechtfertigen (vgl. BT-Drucks. 15/420, S. 121). Ohne die Möglichkeit einer gerichtlichen Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz, ob solche Gründe hier vorliegen, wäre der Antragsteller gezwungen, sein Leben weiter mit Leistungen zu bestreiten, die unter dieser Schwelle liegen.
Die Eilbedürftigkeit ergibt sich ferner aufgrund des Umstandes, dass dem Antragsteller in näherer Zukunft die Abschiebung aus der Bundesrepublik Deutschland droht. Würde er auf ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache verwiesen werden, würde die Rechtskraft eines gerichtlichen Urteils voraussichtlich nicht mehr während seines Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland eintreten. Insoweit besteht die Gefahr der Verweigerung eines gemäß Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) garantierten effektiven Rechtschutzes (so auch: OVG Bremen, Beschluss vom 6. September 2005, S 3 B 199/05; Sozialgericht Duisburg, Beschluss vom 19. Juli 2005, S 17 AY 13/05 ER). Die entgegenstehende Auffassung des Bayrischen Landessozialgerichtes (Beschluss vom 28. Juni 2005, Az.: L 11 B 212/05 AY ER) vermag nicht zu überzeugen. Dieses stellt ausschließlich darauf ab, dass die Leistungen nach § 3 AsylbLG ausreichend sind, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Der dort entschiedene Fall unterscheidet sich auch insofern, als eine Abschiebung offenbar nicht unmittelbar bevor stand.
4. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes gebotenen summarischen Tatsachenprüfung liegt auch ein Anordnungsanspruch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor. Gleichzeitig überwiegen die bei Unterlassen der einstweiligen Anordnung für den Antragsteller entstehenden Nachteile deutlich die mit ihrem Erlass verbundenen Nachteile für den Antragsgegner.
Der Senat kann sich nicht davon überzeugen, dass der Antragsteller die Dauer seines Aufenthaltes rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst hat. Rechtsmissbräuchlich ist das Verhalten eines Asylbewerbers dann, wenn es erkennbar der Verfahrensverzögerung und somit der Aufenthaltsverlängerung dient, obwohl eine Ausreise möglich und zumutbar wäre. Dabei muss das rechtsmissbräuchliche Verhalten tatsächlich die Dauer des Aufenthalts beeinflusst haben (Mergler/Zink, SGB XII Stand August 2004, § 2 AsylbLG Rd.Nr. 26, 28).
Die Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit ist ein unbestimmter, auslegungsbedürftiger Rechtsbegriff und deshalb von den Gerichten in vollem Umfang zu überprüfen. Nach der Intention des Gesetzgebers soll mit der Einführung dieser Bestimmung der Anreiz zur missbräuchlichen Antragstellung weiter eingeschränkt werden. Danach sollen alle Ausländer, die rechtsmissbräuchlich die Dauer ihres Aufenthalts selbst beeinflussen, nach drei Jahren nicht mehr den vollen Leistungsumfang entsprechend den Regelungen des damaligen BSHG in Anspruch nehmen dürfen. Als Beispiele für einen Rechtsmissbrauch sind die Vernichtung des Passes oder die Angabe einer falschen Identität genannt worden. Es soll zwischen den Ausländern unterschieden werden, die unverschuldet nicht ausreisen können, und denen, die ihrer Ausreisepflicht rechtsmissbräuchlich nicht nachkommen (Deutscher Bundestag, Drucksache 15/420 vom 7. Februar 2003 zu Artikel 8). Die gesetzliche Intention korrespondiert mit der Richtlinie 2003/9/EG des Europäischen Rates zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliederstaaten. In dem dortigen Artikel 16 Abs. 1 Buchstabe a ist als Fall der möglichen Einschränkung oder Entziehung von gewährten Vorteilen genannt, dass ein Asylbewerber den bestimmten Aufenthaltsort verlässt, seinen Melde- und Auskunftspflichten oder Aufforderungen zu persönlichen Anhörungen betreffend das Asylverfahren während einer angemessenen Frist nicht nachkommt oder in einem Mitgliedsstaat bereits einen Antrag gestellt hat. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten verlangt also ein subjektives, vorwerfbares Moment des bewussten Missbrauchs von Verfahrensregelungen, um die Ausreise zu verzögern.
Hier ist ein solches rechtsmissbräuchliches Verhalten im Sinne § 2 AsylbLG nicht erkennbar.
Bis zur rechtskräftigen Ablehnung seines Antrages auf Gewährung von Asyl am 2. Juni 2005 hat der Antragsteller nicht vorwerfbar seinen Aufenthalt selbst beeinflusst. Für diese Zeit verfügte er über eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylverfahrensgesetz. Er hatte während des laufenden Gerichtsverfahrens deshalb keine Veranlassung, aus eigenem Willen wieder abzureisen.
Ausweislich der dem Senat vorliegenden Niederschrift über die Anhörung vom 29. November 2001 hat der Antragsteller seinen palästinensischen Personalausweis dem Schleuser übergeben müssen, der ihn gegen einen gefälschten Reisepass getauscht hat. Dieser gefälschte Reisepass ist dem Antragsteller nach seinen Angaben nach seiner Ankunft in Deutschland wieder abgenommen worden. Einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten wie der Vernichtung von Ausweispapieren steht jedoch nicht gleich, wenn die Ausweispapiere an einen Schleuser abgegeben werden, denn insoweit hat der einreisende Ausländer nicht freiwillig selbst seine Ausweispapiere vernichtet. Darüber hinaus fehlt es an der Absicht der Vernichtung der Ausweispapiere zum Zwecke der Aufenthaltsverlängerung, welche ein rechtsmissbräuchliches Verhalten darstellt.
Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten liegt auch nicht darin begründet, dass der Antragsteller bisher nicht freiwillig ausgereist ist. Zum einen verfügt er nicht über Ausweispapiere, die ihm eine problemlose Rückkehr in seine Heimat Palästina ermöglichen könnten. Davon geht auch der Antragsgegner aus. Zum anderen beinhaltet das reine Unterlassen einer freiwilligen Ausreise kein vorwerfbares Element wie z. B. die Vernichtung des Passes oder die bewusste Angabe einer falschen Identität. Rechtsmissbräuchlichkeit im Sinne des § 2 AsylbLG setzt im Verhältnis zu einem "einfachen" rechtswidrigen Verhalten durch eine bloße Nicht-Ausreise voraus, dass noch weitere Umstände hinzukommen müssen, die eine finanzielle Sanktionierung des Verhaltens des abgelehnten Asylbewerbers erlauben (so auch: VG Bremen, Gerichtsbescheid vom 16. September 2005, 2 K 1128/04).