VG Minden

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Zitieren als:
VG Minden, Urteil vom 15.05.2006 - 1 K 1999/05.A - asyl.net: M8316
https://www.asyl.net/rsdb/M8316
Leitsatz:
Schlagwörter: Familienabschiebungsschutz, Familienasyl, Widerruf, Flüchtlingsanerkennung, Zuwanderungsgesetz, Anwendungszeitpunkt
Normen: AsylVfG § 26 Abs. 4; AufenthG § 60 Abs. 1; AsylVfG § 73 Abs. 1
Auszüge:

Die Kläger haben einen Anspruch auf Feststellung von sog. Familienabschiebungsschutz gem. § 26 Abs. 4 AsylVfG. Gemäß § 26 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG gelten die das Familienasyl regelnden Absätze 1 bis 3 entsprechend, wenn für den stammberechtigten Ausländer - hier der Vater der Kläger, Herr ... - unanfechtbar das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG festgestellt worden ist. An die Stelle der Asylberechtigung tritt dann die Feststellung, dass für das Kind die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen (§ 26 Abs. 4 Satz 2 AsylVfG).

Die Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG sind vorliegend in entsprechender Anwendung erfüllt. Die Kläger waren im Zeitpunkt der Asylantragstellung minderjährige ledige Kinder des Herrn ... Hinsichtlich des Vaters der Kläger wurde durch Bescheid vom 09.10.2001 festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AsylVfG (jetzt § 60 Abs.1 AufenthG) vorliegen. § 26 Abs. 4 AsylVfG in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung gilt auch für sog. "Altfälle", d.h. für solche Konstellationen, in denen zu Gunsten des Stammberechtigten vor diesem Zeitpunkt unanfechtbar das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festgestellt wurde (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 23.02.2006 - A 1 K 10829/04 - m.w.N.).

Die Gewährung von Familienabschiebungsschutz gern. § 26 Abs. 4 AsylVfG kann hier nicht mit der Begründung versagt werden, dass die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG für den Stammberechtigten zu widerrufen ist. Gem. § 26 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 AsylVfG - in entsprechender Anwendung gem. § 26 Abs. 4 AsylVfG - wird ein im Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Stammberechtigten auf Antrag nur dann als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist. Das Vorliegen von Rücknahme- oder Widerrufsgründen gem. § 73 AsylVfG ist allerdings einem gesondert gegen den Stammberechtigten gerichteten Rücknahme- oder Widerrufsverfahren vorbehalten. Solange ein Widerrufsverfahren nicht eingeleitet und der betroffene Stammberechtigte hierzu nicht angehört worden ist, sind die Verwaltungsgerichte im Familienasylverfahrens weder verpflichtet noch berechtigt, Gründe für den Widerruf der Asylanerkennung des Stammberechtigten zu prüfen (so jetzt das BVerwG, Urteil vom 09.05.2006 - 1 C 8.05 -; siehe Pressemitteilung Nr. 26/2006 unter www.bverw.de; entgegen der bisherigen Rspr., u.a. Hessischer VGH, Urteil vom 10.02.2005 - 8 UE 185/02.A -).