Der Angeklagte war von dem in der Anklageschrift aufgeführten Vorwurf freizusprechen.
Nach dem neuen Aufenthaltsgesetz ist der wiederholte Verstoß gegen eine räumliche Beschränkung der Duldung (§ 61 Abs. 1 AufenthG) nunmehr eine Straftat (§ 95 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG). In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob der vor Inkrafttreten des AufenthG begangenen Erstverstoß für die nunmehr strafbare Wiederholungstat gewertet werden kann. Nach dem Wechsel von einer Ordnungswidrigkeit hin zu einer Strafnorm liegt ein Fall der strafbegründenden Gesetzesänderung vor. Aufgrund des Rückwirkungsverbotes im Strafrecht dürfen nach der Auffassung des Gerichts in einem solchen Fall Teilakte nur für die Begründung der Straftat herangezogen werden, wenn sie zu einem Zeitpunkt begangen wurden, als die neue Strafnorm bereits in Kraft war (s. dazu: BGH, Urt. v. 19.11.1983, NStZ 1994, 123; Isar in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl., § 2 Rn. 15; Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 2 Rn. 3; Maurer/Zipf, Strafrecht AT Teilb. 1 1987, S. 154; Herscheck/Weigand Lehrbuch des Strafrechts at 5. Aufl. S. 138; Rogal, Karlsruher Kommentar zum OWiG, 2. Aufl. § 14 Rn. 17). Es ist weder die nachträgliche Schaffung einer neuen Strafnorm für bislang straffreies Verhalten noch dessen nachträgliche Einbeziehung in einen bestehenden Tatbestand zulässig. Es ist ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach Art. 103 Abs. 2 des Grundgesetzes den einzelnen auch davor schützt, dass der Unrechtsgehalt einer von ihm begangenen Zuwiderhandlung nachträglich höher bewertet wird, als es zur Zeit der Tat gesetzlich vorgesehen war. Ein wiederholter Verstoß gegen die räumliche Beschränkung der Duldung (§ 61 Abs. 1 AufenthG) liegt nur vor, wenn der Erstverstoß und der wiederholte Verstoß nach dem Inkrafttreten des AufenthG am 01.01.2005 begangen wurde. Bereits bei einem wiederholten Verstoß gegen die räumliche Beschränkung einer Aufenthaltsgestattung (§ 85 AsylverfG) ist nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10.04.1997, veröffentlicht in NVwZ 1997, 1109 davon auszugehen, dass eine Ahndung des Erstverstoßes erfolgt sein muss, um in einem Wiederholungsfall die Strafbarkeit zu begründen.
Zuzugeben ist dass die Beurteilung der vorstehenden Fragen (im vorstehenden Sinne) in der Rechtsprechung streitig ist. Das Gericht schließt sich jedoch der vorstehenden Auffassung aus den angeführten Gründen an.