VGH Hessen

Merkliste
Zitieren als:
VGH Hessen, Urteil vom 27.02.2006 - 11 UE 2252/04.A - asyl.net: M8384
https://www.asyl.net/rsdb/M8384
Leitsatz:

Keine Gefährdung wegen Teilnahme an Studentendemonstrationen im Iran in den Jahren 1999 und 2000, wegen einfacher exilpolitischer Betätigung oder wegen Asylantragstellung im Ausland.

 

Schlagwörter: Iran, Demonstrationen, Studentendemonstrationen, Festnahme, Haft, Inhaftierung, exilpolitische Betätigung, IFIR, Hambastegi - Internationale Föderation Iranischer Flüchtlinge, Antragstellung als Asylgrund, politische Entwicklung, Ahmadinedschad
Normen: GG Art. 16a Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Keine Gefährdung wegen Teilnahme an Studentendemonstrationen im Iran in den Jahren 1999 und 2000, wegen einfacher exilpolitischer Betätigung oder wegen Asylantragstellung im Ausland.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Selbst wenn man aber von dem Ausschlusstatbestand nach Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG, 26 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG absehen wollte, könnte die Klägerin gleichwohl nicht beanspruchen, als Asylberechtigte anerkannt zu werden. Sie muss nämlich nicht begründet befürchten, im Falle der Rückkehr in den Iran Opfer einer asylrechtlich bedeutsamen Verfolgung aus politischen Gründen zu werden. Der für bereits in ihrer Heimat verfolgte Asylbewerber zu Grunde zu legende herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab findet auf die Klägerin keine Anwendung, denn sie hatte vor ihrer Ausreise im Iran weder eine politische Verfolgung erlitten, noch hat sie das Land aus begründeter Furcht vor unmittelbar bevorstehenden Repressalien aus politischen Gründen verlassen.

Dass die Klägerin wegen ihres Verhaltens vor der Ausreise aus ihrem Heimatland belangt werden könnte, ist auch dann als unwahrscheinlich zu betrachten, wenn man zu ihren Gunsten davon ausgeht, dass sie im Juli 1999 an einer Studentendemonstration teilgenommen und deshalb kurzzeitig festgenommen und verhört worden ist. Die Befürchtung der Klägerin, sie könne wegen der damaligen Vorgänge bei Rückkehr in den Iran dort heute noch zur Rechenschaft gezogen werden, teilt das Gericht nicht.

Eine beachtliche Verfolgungsgefahr ist der Klägerin auch nicht durch ihre Mitgliedschaft in der "Hambastegi-Internationale Förderation Iranischer Flüchtlinge Verband Deutschland e.V. -IFIR-" und durch ihre Teilnahme an verschiedenen, in dem Bestätigungsschreiben des vorgenannten Verbandes vom 6. September 2003 im einzelnen aufgeführten Demonstrationen und Veranstaltungen der iranischen Opposition in Deutschland erwachsen.

Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 3. Februar 2004 an das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main (Nr. 29 der Erkenntnisliste "Spezielle Erkenntnisse zu Exilorganisationen und zur Rückkehrgefährdung") handelt es sich bei der "IFIR" um eine 1990 gegründete, sich selbst als links, progressiv und feministisch bezeichnende, ausschließlich außerhalb des Iran tätige Oppositionsgruppe. Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes in der oben genannten Auskunft haben weder einfache Mitglieder noch Vorstandsmitglieder eines örtlichen Rats, deren politische Tätigkeiten auf erkennbar niedrigem Niveau stattfänden, im Falle der Rückkehr in den Iran dort mit staatlichen oder staatlich geduldeten Repressalien zu rechnen.

Auch die Asylbeantragung in Deutschland ist als solche nicht geeignet, die Klägerin im Falle der Rückkehr einer beachtlichen Verfolgungsgefahr auszusetzen.

Auch die jüngste Verschärfung der politischen Lage im Iran nach der Wahl des als fundamentalistisch bekannten früheren Teheraner Bürgermeisters Ahmadinedschad zum Staatspräsidenten hat erkennbar nicht zu einer Verschlechterung der Situation von einfachen Mitgliedern oder Anhängern von im westlichen Ausland aktiven iranischen Exilgruppierungen geführt.