VGH Baden-Württemberg

Merkliste
Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.02.2006 - A 12 S 929/05 - asyl.net: M8392
https://www.asyl.net/rsdb/M8392
Leitsatz:

1. Wird ein Anspruch auf länderübergreifende Umverteilung nach § 51 AsylVfG geltend gemacht, handelt es sich um eine Streitigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz, in der gemäß § 52 Nr. 2 S. 3 1. Hs. VwGO das Verwaltungsgericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylverfahrensgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat, und nicht das Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk der Ausländer umverteilt werden möchte.

2. Zum Vorliegen eines humanitären Grundes (hier: verneint)

 

Schlagwörter: Umverteilung, örtliche Zuständigkeit, Verwaltungsgericht, Streitigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz, humanitäre Gründe
Normen: AsylVfG § 51 Abs. 1; VwGO § 52 Nr. 2 S. 3; AsylVfG § 51 Abs. 2 S. 2
Auszüge:

1. Wird ein Anspruch auf länderübergreifende Umverteilung nach § 51 AsylVfG geltend gemacht, handelt es sich um eine Streitigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz, in der gemäß § 52 Nr. 2 S. 3 1. Hs. VwGO das Verwaltungsgericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylverfahrensgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat, und nicht das Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk der Ausländer umverteilt werden möchte.

2. Zum Vorliegen eines humanitären Grundes (hier: verneint)

(Amtliche Leitsätze)

 

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ist auch zur Entscheidung über die Berufung zuständig, obwohl anstelle des erstinstanzlich örtlich zuständigen Verwaltungsgerichts Münster das Verwaltungsgericht Stuttgart entschieden hat.

Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs auf Umverteilung kommt nur § 51 AsylVfG in Betracht, wonach unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag des Ausländers seinem Umverteilungsbegehren zu entsprechen ist. Da der Anspruch seine rechtliche Grundlage im Asylverfahrensgesetz hat, handelt es sich um eine Streitigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 11.12.2000 - 4 Bs 210/00 - juris). Örtlich zuständig für die gerichtliche Entscheidung über diesen Anspruch ist das Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat (§ 52 Nr. 2 S. 3, 1. Halbsatz VwGO), nicht etwa das Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk der Ausländer umverteilt werden will, auch wenn sich die Zuständigkeit für die behördliche Entscheidung - entsprechend landesrechtlicher Regelungen - nach dem Ort richtet, für den der weitere Aufenthalt beantragt wird (§ 51 Abs. 2 S. 2 AsylVfG). Somit hätte das für den Kreis Coesfeld (Nordrhein-Westfalen) zuständige Verwaltungsgericht Münster, nicht aber das Verwaltungsgericht Stuttgart über die Klage entscheiden müssen. Zu einer Verweisung des Rechtsstreits ist der Senat jedoch gemäß § 83 S. 1 VwGO i.V.m. § 17 a Abs. 5 GVG nicht befugt, sondern hat über die Berufung zu entscheiden.

Grundsätzlich hat ein Ausländer, der um Asyl nachsucht, keinen Anspruch darauf, sich in einem bestimmten Land oder an einem bestimmten Ort aufzuhalten (§ 55 Abs. 1 S. 2 AsylVfG). Gemäß § 51 Abs. 1 AsylVfG ist jedoch, wenn der Ausländer nicht oder nicht mehr verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, der Haushaltsgemeinschaft von Ehegatten sowie Eltern und ihren minderjährigen ledigen Kindern oder sonstigen humanitären Gründen von vergleichbarem Gewicht auch durch länderübergreifende Verteilung Rechnung zu tragen. Geht es dem Ausländer um die Aufnahme von familiären Beziehungen - außerhalb der Kernfamilie -, müssen sie ein ähnliches Gewicht aufweisen, wie das Verhältnis zwischen Ehegatten oder zwischen Eltern und ihren Kindern unter 18 Jahren. Dies kann der Fall sein, wenn die betreffende Person auf die Lebenshilfe der anderen aufgrund Krankheit, Schwangerschaft, Alter, Gebrechlichkeit oder mangelnder Deutschkenntnisse angewiesen ist (vgl. Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl., § 50 AsylVfG RdNr. 29). Liegen sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht vor, ist das der Behörde zustehende Ermessen in der Regel gebunden (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 07.04.1999 - A 4 S 78/98 -, AuAS 1999, 215). Über den Antrag nach § 51 Abs. 1 AsylVfG entscheidet die zuständige Behörde des Landes, für das der weitere Aufenthalt beantragt ist (§ 51 Abs. 2 S. 2 AsylVfG). Für die Beurteilung des geltendgemachten Anspruchs ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats maßgeblich (§ 77 Abs.1 S. 1 AsylVfG).

Gemessen hieran liegen die Voraussetzungen für die Umverteilung der Kläger nach Stuttgart nicht vor.