VG Karlsruhe

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Zitieren als:
VG Karlsruhe, Urteil vom 20.01.2006 - A 1 K 11411/05 - asyl.net: M8398
https://www.asyl.net/rsdb/M8398
Leitsatz:
Schlagwörter: Sri Lanka, Widerruf, Asylanerkennung, Zuwanderungsgesetz, Übergangsregelung, Anwendungszeitpunkt, Entscheidungszeitpunkt, politische Entwicklung, Tamilen, LTTE, Männer, Alter, Gruppenverfolgung
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 1 S. 1; AsylVfG § 73 Abs. 2a; GG Art. 16a Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Der angefochtene Bescheid vom 29.08.2005 ist rechtmäßig. Ob er zutreffend begründet worden ist, ist unerheblich. Der Widerruf der Asylanerkennung des Klägers steht nicht im Ermessen der Behörde. § 73 Abs. 2 a AsylVfG ist für den vorliegenden Fall nicht einschlägig, soweit der Widerruf auf das im Jahr 2000 eingeleitete Verfahren im Ergebnis nicht erfolgte. Die am 01.01.2005 in Kraft getretene Neuregelung ist auf vor diesem Zeitpunkt bereits erledigte Widerspruchsentscheidungen nicht anwendbar.

Dem Kläger ist die Asylanerkennung und die Feststellung, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, zu Recht widerrufen worden. Es kann bei ihm zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch nicht festgestellt werden, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 - 7 AufenthG vorliegen.

Gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1AsylVfG sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass jemand nicht in einen Staat abgeschoben werden darf, in dem ihm politische Verfolgung droht, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für diese Entscheidung nicht mehr vorliegen. Dies erfordert nach der Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.09.2000, NVwZ 01, 335 und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.11.1999 - A 6 S 1974/98 -), dass sich die für die Beurteilung der Verfolgungslage maßgeblichen Verhältnisse nachträglich erheblich geändert haben und drohende politische Verfolgung im Herkunftsstaat nicht mehr festgestellt werden dürfte. Dies ist hier der Fall.

Die politischen Verhältnisse in Sri Lanka haben sich seit 1994, als der Kläger als Asylberechtigter anerkannt wurde, asylrelevant geändert. Tamilen sind in diesem Land nicht mehr allein wegen ihrer Volkszugehörigkeit oder ihrer geografischen Herkunft gefährdet. Sie werden, auch wenn sie aus dem Norden oder Nordosten des Landes kommen, nicht mehr als mutmaßliche Anhänger der LTTE oder als terrorverdächtig in besonderer Weise verfolgt. Seit dem 24.12.2001 herrscht offiziell Waffenruhe zwischen der LTTE und den Regierungstruppen. Diese Waffenruhe ist dann durch das Waffenstillstandsabkommen vom 20.02.2002 gesichert worden. Das Verbot der LTTE ist in ganz Sri Lanka am 04.09.2002 aufgehoben worden. Seitdem wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung einmütig davon ausgegangen, dass von Gruppenverfolgung in Sri Lanka nicht mehr gesprochen werden kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, zuletzt Beschluss vom 28.09.2005 - A 4 S 915/05 -. Hess. VGH, Urteil vom 09.02.2005 - 5 UE 3197/02.A -, OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.11.2004 - 21 A 580/99.A -).