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VG Düsseldorf

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Zitieren als:
VG Düsseldorf, Urteil vom 27.04.2006 - 24 K 7588/04 - asyl.net: M8403
https://www.asyl.net/rsdb/M8403
Leitsatz:
Schlagwörter: Verfahrensrecht, Nichtbetreiben des Verfahrens, Klagebegründung, Akteneinsicht, Verwirkung, Ausweisung, Türken, Assoziationsberechtigte, Assoziationsratsbeschluss EWG/Türkei, Rechtsmittel, Ermessen, Stellungnahme der Widerspruchsbehörde, Widerspruch, Anfechtungsklage, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Ermessensausweisung, besonderer Ausweisungsschutz, Zuwanderungsgesetz, Anwendungszeitpunkt, schwerwiegende Gründe, Wiederholungsgefahr, Spezialprävention, Sozialprognose, Schutz von Ehe und Familie, Privatleben, Befristung, Wirkungen der Ausweisung, Bundeszentralregister, Tilgungsfrist, Abschiebungsandrohung, Europäisches Niederlassungsabkommen, Unionsbürgerrichtlinie, Anwendbarkeit
Normen: VwGO § 92 Abs. 2; RL 64/221/EWG Art. 9; AufenthG § 56 Abs. 1 Nr. 1; AufenthG § 11 Abs. 1; AufenthG § 59 Abs. 1; ARB Nr. 1/80 Art. 14 Abs. 1; RL 2004/38/EG Art. 28 Abs. 3; RL 2004/38/EG Art. 32
Auszüge:

Assoziationsberechtigte Türken können sich nicht auf den Ausweisungsschutz für Unionsbürger nach Art. 28 Abs. 3 Bst. a der Richtlinie 2004/38/EG (sog. Unionsbürgerrichtlinie) berufen.

 

I. Bei Erlass des Einstellungsbeschlusses vom 8. März 2005 lagen die Voraussetzungen des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht vor.

Denn bei Erlass der Betreibensaufforderung am 30. Dezember 2004 war die dem Kläger in der erst am 9. Dezember 2004 abgesandten Eingangsverfügung vom 3. Dezember 2004 gesetzte Frist von vier Wochen zur Klagebegründung noch nicht abgelaufen.

Darüber hinaus hatte der Kläger in der Klageschrift vorgetragen, die Begründung erfolge mit einem gesonderten Schriftsatz, insoweit beantrage er Akteneinsicht. Dies ließ darauf schließen, dass eine Klagebegründung erst nach Akteneinsicht vorgesehen war. Die Verwaltungsakten gingen aber erst am 14. Januar 2005 bei Gericht ein.

Der Kläger hat sein Recht auf Fortsetzung des Verfahrens und Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht vorlagen, entgegen dem Vorbringen des Beklagten auch nicht verwirkt.

Eine Verwirkung, die als allgemeiner Rechtsgrundsatz auch im öffentlichen Recht gilt und bewirkt, dass ein prozessuales oder materielles Recht nicht mehr beansprucht werden darf, setzt voraus, dass das Recht über längere Zeit nicht geltend gemacht worden ist und daher die Gegenseite berechtigterweise darauf vertrauen durfte und tatsächlich vertraut hat, dass das Recht nicht mehr geltend gemacht werde. Darüber hinaus muss grundsätzlich auf Grund dieses Vertrauen eine Betätigung im Sinne einer Investition o.ä. erfolgt sein, die es unzumutbar macht, nun das geltend gemachte Recht zu erfüllen. Auch wenn bei der Frage einer Verwirkung prozessualer öffentlicher Rechte auch ein öffentliches Interesse an der Erhaltung des Rechtsfriedens zu berücksichtigen sein kann (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Oktober 2005 - 13 A 3802/05.A -, InfAuslR 2006, 99), ist hier weder eine schützenswerte Betätigung des Beklagten vorgetragen oder ersichtlich noch ein (besonderes) öffentliches Interesse an der Erhaltung des Rechtsfriedens.

Dabei ist zu beachten, dass als Zeitraum, nach dessen Ablauf typischerweise von der Unzulässigkeit eines Rechtsmittels auszugehen ist, üblicherweise eine Frist von einem Jahr nach Bekanntgabe bzw. Zustellung der angefochtenen Entscheidung anzunehmen ist (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Oktober 2005 - 13 A 3802/05.A -, a.a.O.; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 74 Rn. 20).

Gründe, hier von einer kürzeren Frist auszugehen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Diese Frist war hier ersichtlich nicht abgelaufen, da der Einstellungsbeschluss am 8. März 2005 erlassen wurde und der Kläger die Fortsetzung des Verfahrens (spätestens) am 1. Februar 2006 beantragt hat.

Die zulässige Klage ist unbegründet, weil der Bescheid des Beklagten vom 11. Februar 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung E vom 30. November 2004 und des Schriftsatzes des Beklagten vom 3. April 2006 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die angefochtene Ordnungsverfügung ist hinsichtlich der Ausweisung von der Ermächtigungsgrundlage des § 55 Abs. 1 und 2 Nr. 2 AufenthG gedeckt, hinsichtlich der Abschiebungsandrohung von § 59 AufenthG. Sie steht in formeller (1.) und in materieller (2.) Hinsicht mit dem deutschen und mit dem EU-/EG-Recht in Einklang.

1. Die formelle Rechtmäßigkeit ist in Bezug auf das deutsche (a) und auf das EG-Recht (b) zu bejahen.

Die Ausweisung verstößt nicht gegen den insoweit hier allein relevanten Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG, welche gemäß Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG (erst) mit Wirkung vom 30. April 2006 aufgehoben wird, und deren Verfahrensvorschriften nicht nur auf freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger, sondern auch auf nach dem ARB 1/80 Aufenthaltsberechtigte unmittelbar anwendbar sind (vgl. EuGH, Urteil vom 2. Juni 2005, Rs. C-136/03, Dörr und Ünal, InfAuslR 2005, 289, Rn. 61-69; BVerwG, Urteile vom 13. September 2005 - 1 C 7.04 - und vom 6. Oktober 2005 - 1 C 5.04 -).

Der Kläger verfügte zum Zeitpunkt seiner Ausweisung jedenfalls über ein Aufenthaltsrecht aus Art. 7 Satz 1 2. Spiegelstrich ARB 1/80, da er zwischen August 1975 und Ende 1990 bei seinen Eltern lebte und sein Vater in dieser Zeit dem regulären deutschen Arbeitsmarkt angehörte, ohne dass es bis zu dem Zeitpunkt der Ausweisung einer (fortdauernden) Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder einer ernsthaften Arbeitssuche seitens des Klägers bedurfte (vgl. EuGH, Urteile vom 11. November 2004,Rs. C-467/02, Cetinkaya, InfAuslR 2005, 13, vom 7. Juli 2005, Rs. C-373/03, Aydinli, EZAR NF 19 Nr. 12, Rn. 19, und vom 16. Februar 2006, Rs. C-502/04, Torun; a.A. Kammer, Urteil vom 22. März 2006 - 24 K 3404/04 -).

Nach Art. 9 Abs.1 der Richtlinie 64/221/EWG trifft die Verwaltungsbehörde die Entscheidung über die Entfernung eines Inhabers einer Aufenthaltserlaubnis aus dem Hoheitsgebiet, wenn keine "Rechtsmittel" gegeben sind oder diese nur die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung betreffen oder keine aufschiebende Wirkung haben, außer in dringenden Fällen erst nach Erhalt der Stellungnahme einer zuständigen Stelle des Aufnahmelandes, vor der sich der Betroffene verteidigen, unterstützen oder vertreten lassen kann.

Bei der Ausweisung des Klägers samt Abschiebungsandrohung handelt es sich um eine Entscheidung über die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet i.S.d. Art. 9 Abs.1 der Richtlinie 64/221/EWG. Die hiergegen gegebenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsbehelfe der Anfechtungsklage und des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs erlauben nur eine Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Entscheidung, nicht ihrer Zweckmäßigkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. September 2005 - 1 C 7.04 -, Rn. 13), und eine aufschiebende Wirkung eines Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage liegt nach § 80 Abs. 5 VwGO im Ermessen des Gerichts, was den Anforderungen des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG an eine automatisch eintretende aufschiebende Wirkung mit Einlegung des "Rechtsmittels" nicht entspricht (vgl. EuGH, Urteil vom 2. Juni 2005, Rs. C-136/03, Dörr und Ünal, a.a.O., Rn. 50-52).

Die sofort vollziehbare Ausweisung ist hier in ihrer endgültigen Form aber erst nach Erhalt der Stellungnahme einer zuständigen Stelle des Aufnahmelandes i.S.d. Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG ergangen, vor der sich der Kläger verteidigen, unterstützen oder vertreten lassen konnte (vgl. dazu EuGH, Urteile vom 29. April 2004, Rs. C-482/01, C-493/01, Orfanopoulos und Oliveri, NVwZ 2004, 1100, Rn. 106, 114, und vom 2. Juni 2005, Rs. C-136/03, Dörr und Ünal, a.a.O., Rn. 42, 55).

2. Auch die materielle Rechtmäßigkeit der Ausweisung und der Abschiebungsandrohung ist in Bezug auf das deutsche (a) und auf das EU-/EG-Recht (b) zu bejahen.

a) Die Ordnungsverfügung ist trotz Ergehen des Widerspruchsbescheides vor dem 1. Januar 2005 an dem seit dem 1. Januar 2005 geltenden AufenthG zu messen, da der Kläger zum Zeitpunkt der Ausweisung ein Aufenthaltsrecht nach dem ARB 1/80 besaß, so dass die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltende Sach- und Rechtslage entscheidungserheblich ist (vgl. EuGH, Urteil vom 11. November 2004, Rs. C-467/02, Cetinkaya, a.a.O., Rn. 44 bis 48; BVerwG, Urteile vom 15. März 2005 - 1 C 2.04 - Rn. 9, und vom 3. August 2004 - 1 C 29.02 -, InfAuslR 2005, 26, und - 1 C 30.02 -, BVerwGE 121, 297 = NVwZ 2005, 220 = InfAuslR 2005, 18, Rn. 28).

(1) Der Beklagte konnte die Ausweisung durch seinen Schriftsatz vom 3. April 2006 von einer auf § 47 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3, § 48 Abs. 1 Nr. 2 AuslG gestützten, gegenüber ARB-Berechtigten unzulässigen Regelausweisung auf Grund einer gemeinschaftsrechtskonformen Anwendung des § 114 Satz 2 VwGO auf eine Ermessensausweisung nach § 55 Abs. 1 und 2 Nr. 2 AufenthG zulässigerweise abändern (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. März 2005 - 1 C 2.04 -, und vom 3. August 2004 - 1 C 29.02 -, a.a.O., und - 1 C 30.02 -, a.a.O.) und handelte dabei ermessensfehlerfrei.

Es kann dahinstehen, ob der Kläger besonderen Ausweisungsschutz genießt, da dies zu seinen Gunsten unterstellt werden kann. Gegen das Bestehen besonderen Ausweisungsschutzes spricht, dass er zwar zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Ausweisung besonderen Ausweisungsschutz nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 AuslG genoss, da er eine (unbefristete) Aufenthaltserlaubnis besaß und im Bundesgebiet geboren und sich hier mindestens fünf Jahre rechtmäßig aufgehalten hat, dass dieser Ausweisungsschutztatbestand in dem zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden AufenthG aber nicht mehr enthalten ist. Zwar weist dieses mit § 56 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, der den Besitz einer Niederlassungserlaubnis und einen seit mindestens fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalt erfordert, einen ähnlichen Tatbestand auf, diesen kann der Kläger aber nicht erfüllen, weil seine unbefristete Aufenthaltserlaubnis durch die Ausweisungsverfügung bereits vor Inkrafttreten des AufenthG erloschen ist (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Januar 2005 - 18 B 1260/04 -, EZAR NF 34 Nr. 2 = AuAS 2005, 101).

Dafür, dass dem Kläger trotzdem besonderer Ausweisungsschutz zuzubilligen ist, dürfte aber sprechen, dass er diesen zum Zeitpunkt seiner Ausweisung nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 AuslG bestehenden Schutz hier nur deshalb nicht in Anspruch nehmen könnte, weil auf Grund seines zum Zeitpunkt der Ausweisung bestehenden besonderen Ausweisungsschutzes nach dem ARB 1/80 für die Frage einer von ihm ausgehenden Gefahr zu seinen Gunsten auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen ist. Sinn und Zweck der besonderen Rechtsstellung aus dem ARB 1/80 dürften es daher nicht - jedenfalls nicht unter allen Umständen - gebieten, für die Frage der Rechtmäßigkeit der Ausweisung nicht nur auf die Sach-, sondern auch auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung abzustellen (vgl. aber BVerwG, Urteile vom 15. März 2005 - 1 C 2.04 - Rn. 9 und vom 3. August 2004 - 1 C 29.02 -, a.a.O.).

Vielmehr dürften Sinn und Zweck des ARB 1/80 es jedenfalls dann, wenn sich die Rechtslage zwischen dem Erlass des Widerspruchsbescheides und der mündlichen Verhandlung zum Nachteil des ARB-Berechtigten geändert hat, insbesondere wenn dies wie hier allein auf Grund eines Neuinkrafttretens eines Gesetzes der Fall ist, das eine wesentlich gleiche Vorschrift enthält, gebieten, auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Ausweisungsverfügung bzw. der Widerspruchsentscheidung abzustellen.

Aber auch wenn man deshalb zu Gunsten des Klägers davon ausgeht, dass dieser besonderen Ausweisungsschutz (nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 AuslG bzw. § 56 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) genießt, so dass er nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden durfte (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), sind diese Voraussetzungen hier erfüllt.

b) Die Ausweisung und die Abschiebungsandrohung sind in der Fassung des Schriftsatzes vom 3. April 2006 auch mit dem materiellen EU-/EG-Recht und mit Völkerrecht vereinbar.

Eine Beschränkung der Ausweisungsgründe auf Gründe der öffentlichen Sicherheit enthält zwar Art. 28 Abs. 3 lit. a) der bis zum 30. April 2006 von den EU-Mitgliedstaaten umzusetzenden RL 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Unionsbürgerrichtlinie) (ABl. EG L Nr. 229 vom 29. Juni 2004, S. 35-48).

Danach darf eine Ausweisung von Unionsbürgern, die ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat gehabt haben, nur noch aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten festgelegt wurden, verfügt werden.

Unabhängig davon, dass diese Vorschrift vor Ablauf der erst am 30. April 2006 endenden Umsetzungsfrist gegenwärtig keine Vorwirkung entfaltet, da die Anwendung des derzeit noch geltenden Rechts nicht die Beachtung der Richtlinie nach Ablauf der Umsetzungsfrist verhindert (vgl. VGH BW, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 3 S 358/05 -, NVwZ 2005, 1098 = EZAR NF 062 Nr. 1; Kammer, Urteil vom 10. November 2005 - 24 K 7487/03 -, Beschluss vom 10. Februar 2006 - 24 L 2122/05 -; offenlassend OVG NRW, Beschluss vom 2.Dezember 2005 - 18 B 1529/05 -), wird sich der Kläger auch nach Ablauf der Umsetzungsfrist nicht auf Art. 28 Abs. 3 der RL 2004/38/EG berufen können.

Eine unmittelbare Anwendung scheitert schon daran, dass diese Vorschrift nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur für Unionsbürger gilt. Auch eine entsprechende Anwendung auf ARB-Berechtigte kommt nicht in Betracht (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschlüsse vom 5. Oktober 2005 - 11 ME 247/05 -, DVBl. 2006, 64, und vom 6. Juni 2005 - 11 ME 39/05 -, NVwZ-RR 2005, 654; Kammer, Beschluss vom 10. Februar 2006 - 24 L 2122/05 -; a.A. Gutmann, InfAuslR 2005, 402 f.; offenlassend OVG NRW, Beschluss vom 2. Dezember 2005 - 18B 1529/05 -; widersprüchlich GK-Aufenthaltsrecht, Bd. 5, IX-1 Art. 14 Rn. 22, 56).

Denn die Grundsätze der EG-rechtlichen Arbeitnehmerfreizügigkeit müssen zwar nach der Rechtsprechung des EuGH so weit wie möglich auf ARB-Berechtigte übertragen werden (vgl. EuGH, Urteile vom 6. Juni 1995, Rs. C-434/93, Bozkurt, Slg. 1995 I-1475, Rn. 19 f., vom 11. November 2004, Rs. C-467/02, Cetinkaya, a.a.O., Rn. 42 f., und vom 2. Juni 2005, Rs. C-136/03, Dörr und Ünal, a.a.O., Rn. 62 f.; BVerwG, Urteil vom 3. August 2004 - 1 C 29/02 -, a.a.O.).

Dies leitet der EuGH daraus ab, dass der Assoziationsrat EWG/Türkei bei Erlass des Beschlusses Nr. 1/80 das Ziel verfolgt habe, geleitet durch die Artikel 48, 49 und 50 des damaligen EWG-Vertrages (jetzt Art. 39 und 40 EG), Art. 12 des Assoziierungsabkommens EWG/Türkei und Art. 36 des betreffenden Zusatzprotokolls zu einer weiteren Stufe bei der Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer überzugehen. Daher erscheine es unabdingbar, auf die ARB- Berechtigten soweit wie möglich die im Rahmen dieser Artikel geltenden Grundsätze zu übertragen.

Art. 28 Abs. 3 der RL 2004/38/EG, wonach eine Ausweisung von Unionsbürgern, die ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat gehabt haben, nur noch aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten festgelegt wurden, verfügt werden darf, gehört jedoch nicht zu den sich aus Art. 39 EG ergebenden Grundsätzen der gemeinschaftsrechtlichen Arbeitnehmerfreizügigkeit.