VG Saarland

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Zitieren als:
VG Saarland, Urteil vom 14.06.2006 - 10 K 167/04.A - asyl.net: M8405
https://www.asyl.net/rsdb/M8405
Leitsatz:
Schlagwörter: Serbien und Montenegro, Kosovo, Krankheit, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, medizinische Versorgung, Hepatitis B, posttraumatische Belastungsstörung, psychische Erkrankung, Roma, Ashkali, Ägypter
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Wege des Wiederaufgreifens des Verfahrens.

Da die Hepatitis B nach der Auskunftslage im Kosovo behandelbar ist, ist sie darauf zu verweisen, die nicht näher substantiierten Blutuntersuchungen im Kosovo durchführen zu lassen. Soweit sie sich auf die Einnahme eines Beruhigungsmittels beruft, stehen Beruhigungsmittel im Kosovo nach der essential drug list zumutbar zur Verfügung.

Hinsichtlich der im Übrigen mit Attest des Arztes für Neurologie/Psychiatrie, Psychotherapie ... geltend gemachten depressiven Erkrankung, die eine ständige psychiatrische/psychotherapeutische Behandlung und eine entsprechende Begleitmedikation erfordern soll, hat die Klägerin ebenfalls Schwere und Belastung durch diese Erkrankungen sowie die konkrete Behandlung, ungeachtet der entsprechenden gerichtlichen Aufforderung, nicht näher substantiiert.

Hinsichtlich der geltend gemachten psychischen Erkrankung muss sie sich im Übrigen auf die in ihrem Heimatland möglichen und üblichen Therapiemethoden (z.B. mit weniger wirksamen und/oder mit vermehrten Nebenwirkungen verbundenen Medikamenten) als zumutbar verweisen lassen, auch wenn sie den in Deutschland geltenden medizinischen oder psychotherapeutischen Standards nicht entsprechen. Der Auskunftslage zufolge (vgl. etwa Auswärtiges Amt, Berichte über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien und Montenegro (Kosovo) vom 30.08.2005 (Stand: Mai 2005) und vom 22.11.2005 (Stand: November 2005), jeweils: 508.516.80/3 SCG) sind die in der "essential drug list" aufgeführten Psychopharmaka im Kosovo auch kostenlos erhältlich. Nur in Einzelfällen kommt es vor, dass Medikamente, die eigentlich kostenfrei sind, gegen Bezahlung ausgehändigt werden. Die meisten anderen Medikamente können in privaten Apotheken erworben werden, die über ein breites Spektrum von Arzneimitteln zur Behandlung von psychischen Erkrankungen verfügen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin wegen der von ihr geltend gemachten Zugehörigkeit zur Minderheit der Roma aus dem Kosovo nach Rückkehr in ihr Herkunftsland die dort mögliche Behandlung ihrer Erkrankungen nicht erhalten wird, sind weder konkret dargelegt noch sonst ersichtlich.

Ein Abschiebungsverbot im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG lässt sich schließlich auch nicht mit Blick auf die Zugehörigkeit der Klägerin zu einer der ethnischen Minderheiten im Kosovo feststellen, weil trotz der Übergriffe auf Ashkali, Ägypter und Roma im Kosovo nicht angenommen werden kann, dass jeder Angehörige dieser Volksgruppen im Fall der Rückkehr dort landesweit und darüber hinaus alsbald nach der Rückkehr im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert ist (vgl. etwa die Urteile der Kammer vom 08.10.2003, 10 K 341/02.A und 10 K 131/03.A, und vom 18.05.2005, 10 K 287/03.A, und vom 14.10.2005, 10 K 138104.A, ständige Rechtsprechung der Kammer).

Daran hält die Kammer unter Berücksichtigung der neueren Erkenntnisquellen, insbesondere auch angesichts der die Fortführung von Verhandlungen über den weiteren Status des Kosovo und das Referendum in Montenegro betreffenden Nachrichten und die hieraus sich möglicherweise ergebenden Unsicherheiten der Lage im Kosovo fest, da diesen keine genügenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die Situation geändert hat bzw. in absehbarer Zukunft zum Nachteil - auch - der Klägerin ändern wird, zu entnehmen sind.