OVG Rheinland-Pfalz

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Zitieren als:
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29.03.2006 - 7 B 10291/06.OVG - asyl.net: M8417
https://www.asyl.net/rsdb/M8417
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Abschiebungshindernis, inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse, Mutterschutz, Wöchnerinnen, Geburt, in Deutschland geborene Kinder, örtliche Zuständigkeit, abgelehnte Asylbewerber, Aufenthaltsgestattung, räumliche Beschränkung
Normen: AufenthG § 60a Abs. 2; VwVfG § 3 Abs. 1 Nr. 3a; AsylVfG § 56 Abs. 1; AsylVfG § 56 Abs. 3
Auszüge:

Was den Anordnungsanspruch angeht, so kann sich der Senat auf die bestehende Anerkennung eines solchen Anspruchs auch durch den Antragsgegner selbst beziehen, wie dies in seinem Antragerwiderungsschriftsatz vom 22. Februar 2006 (Seite 3) zum Ausdruck gelangt. Dort heißt es im Hinblick auf den wegen der Niederkunft geltend gemachten Duldungsanspruch: "Es ist nach unserer Auffassung ein Anspruch auf Erteilung der Duldung gegeben, da sich Frau G. in Mutterschutz befindet und eine Abschiebung derzeit nicht durchgeführt werden kann." Den entsprechenden Schutzanspruch auf der Grundlage des § 60a Abs. 2 AufenthG bemisst der Senat im Hinblick auf die Schutzbedürftigkeit von Mutter und Kind nach der Niederkunft zunächst bis zu einem Zeitpunkt, zu dem das Kind sechs Monate alt wird (vgl. Beschluss des Senats vom 9. März 2006, 7 B 10166/06.OVG, ESOVGRP). Im Hinblick auf das bis zu diesem Zeitpunkt feststehende Schutzbedürfnis erübrigt es sich für den Senat, zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereits darauf einzugehen, ob der Antragstellerin unter dem Gesichtspunkt der Wahrung ihres menschenrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechts wegen ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland seit ihrem 4. Lebensjahr weiterer Abschiebungsschutz zustehen könnte.

Der Anspruch richtet sich - anders als das Verwaltungsgericht und der Antragsgegner annehmen wollen - auch gegen den Landkreis Altenkirchen als richtigen Anspruchsgegner. Für die Erteilung der Duldung ist dieser örtlich zuständig. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3a VwVfG richtet sich die örtliche Zuständigkeit bei Angelegenheiten, die eine natürliche Person betreffen, nach dem gewöhnlichen Aufenthalt dieser Person. Zwar kommt es nach übereinstimmender Rechtsprechung nicht auf die melderechtlichen Verhältnisse an, sondern es ist an den tatsächlichen Aufenthalt anzuknüpfen. Dabei geht es um einen Aufenthalt an einem Ort, an dem der Betreffende sich nach den Umständen nicht lediglich vorübergehend aufhält (vgl. BVerwG, NVwZ-RR 1997, 751). Es muss sich mit anderen Worten um einen Aufenthalt handeln, mit dessen alsbaldiger Beendigung dort nicht zu rechnen ist. Ungeachtet der damit bestehenden Länge des Aufenthalts ist bei einem Asylbewerber insoweit maßgeblich auf die jederzeit durchsetzbare Beschränkung des Aufenthalts nach § 56 Abs. 1 AsylVfG abzustellen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Auflage, § 3 Rn. 28; Knack/Meyer, VwVfG, 7. Auflage, § 3 Rn. 23 mit Hinweis auf OVG Mecklenburg-Vorpommern, NORD ÖR 1999, 74). Nach dem Asylverfahrensgesetz ist die Aufenthaltsgestattung räumlich auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, in dem sich der Ausländer aufhält. Nach Absatz 3 der Bestimmung bleiben räumliche Beschränkungen auch nach Erlöschen der Aufenthaltsgestattung in Kraft, bis sie aufgehoben werden. Von der räumlichen Beschränkung nach § 56 Abs. 1 AsylVfG, wie sie nicht auf behördlicher Anordnung, sondern gesetzlicher Regelung beruht, ist der "gewöhnliche Aufenthalt" umfasst, darüber hinaus gehend indessen sogar der Aufenthalt schlechthin (vgl. Renner, AuslR, 8. Auflage, § 56 AsylVfG Rn. 5, 9). Der bloße faktische Aufenthalt des Ausländers entgegen den genannten gesetzlichen Beschränkungen kann an der Zuständigkeitsordnung nichts ändern. Das gilt auch dann, wenn die Behörden am neuen Aufenthaltsort unter Verweigerung einer angeforderten Amtshilfe der Schaffung eines faktischen Aufenthalts zugesehen haben.