OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.04.2006 - 7 E 410/06 - asyl.net: M8427
https://www.asyl.net/rsdb/M8427
Leitsatz:

Von den vom Bundesamt nach verlorenem Prozess zu erstattenden Rechtsanwaltskosten ist nicht die im Verwaltungsverfahren entstandende Geschäftsgebühr abzuziehen.

 

Schlagwörter: Rechtsanwaltsgebühren, Kosten, Kostenerstattung, Kostenrecht, Verfahrensgebühr, Geschäftsgebühr, Anrechnung
Normen: VwGO § 162 Abs. 2 S. 1; RVG § 3
Auszüge:

Von den vom Bundesamt nach verlorenem Prozess zu erstattenden Rechtsanwaltskosten ist nicht die im Verwaltungsverfahren entstandende Geschäftsgebühr abzuziehen.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Kläger haben einen Anspruch darauf, dass die ihnen vom Beklagten zu erstattenden Kosten des erstinstanzlichen Klageverfahrens in Höhe des Betrages festgesetzt werden, den sie mit Antrag vom 24. November 2005, ergänzt und berichtigt mit Schriftsätzen vom 30. Dezember 2005 und 1. Februar 2006, geltend gemacht haben. Vom Beklagten ist insbesondere auch die (um 0,3 erhöhte) 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (im Folgenden: VV RVG) zu erstatten.

Bereits aus dieser Systematik des § 162 VwGO ergibt sich, dass sich die Kostenfestsetzung nicht auf solche Gebühren erstreckt, die nicht Gegenstand der gerichtlichen Kostengrundentscheidung sind. Auf der anderen Seite ergibt sich aus der Kostengrundentscheidung, wer die von ihr erfassten Kosten zu tragen hat. Danach hat im vorliegenden Fall der Beklagte die im Gerichtsverfahren entstandenen Gebühren des klägerischen Anwalts zu tragen, nicht aber (anteilig) die Kläger. Aus dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte vom 5. Mai 2004, BGBl I 718, (RVG), ergibt sich nichts anderes. Das RVG regelt nicht, ob und in welchem Umfang Gebühren von der Kostengrundentscheidung des Verwaltungsgerichts umfasst sind. Ihm ist lediglich zu entnehmen, welche Gebühren der Rechtsanwalt gegenüber dem Auftraggeber, seinem Mandanten, geltend machen kann.

Demnach ist vom Beklagten die (hier erhöhte) 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG zu tragen, denn dies ist die im Teil 3 VV RVG geregelte Gebühr, die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren entsteht. Die Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2400 VV RVG hingegen entfällt nicht auf die gerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts. Sie ist in Teil 2 VV RVG geregelt, der die Gebühren für die außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts einschließlich der Vertretung im Verwaltungsverfahren behandelt.

Aus der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG ergibt sich nicht, dass abweichend von der dargelegten Systematik gegenüber dem Beklagten, der nach der Kostengrundentscheidung des Verwaltungsgerichts die den Klägern entstandenen Kosten des Verfahrens in voller Höhe zu tragen hat, nur eine anteilige Verfahrensgebühr festgesetzt werden dürfte. Zwar wird nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG die Geschäftsgebühr (soweit diese wegen desselben Gegenstandes entstanden ist) zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Die Anrechnungsregelung hat den Sinn, das Gebührenaufkommen zu beschränken, das der Rechtsanwalt insgesamt geltend machen kann, und zwar im Verhältnis zwischen Rechtsanwalt und Auftraggeber. Sie bezweckt nicht, den Auftraggeber des Rechtsanwalts dadurch zu belasten, dass er die im gerichtlichen Verfahren entstehenden Gebühren nicht in vollem Umfang gegenüber der kostenpflichtigen Gegenseite abrechnen kann. Ein solches Verständnis der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG würde zu dem sinnwidrigen Ergebnis führen, dass die Gegenseite nur deshalb niedrigere Kosten zu erstatten hätte, weil der Rechtsanwalt bereits vorgerichtlich das Geschäft seines Mandanten betrieben hat.