OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.06.2006 - 18 B 1088/06 - asyl.net: M8475
https://www.asyl.net/rsdb/M8475
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Abschiebungshaft, Rechtsweg, Verwaltungsrechtsweg, Rechtsschutzgarantie
Normen: VwGO § 40 Abs. 1 S. 1; FEVG § 3; FEVG § 12; GG Art. 19 Abs. 4; AufenthG § 62 Abs. 2; FEVG § 8 Abs. 1 S. 3
Auszüge:

Der sinngemäß letztlich auf die Entlassung aus der Abschiebungshaft gerichtete Antrag der Antragstellerin, den Antragsgegner zu verpflichten, sie aus der Abschiebehaft zu entlassen bzw. den Antrag auf Verhängung von Abschiebehaft zurückzunehmen, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats und des weiter mit ausländerrechtlichen Streitigkeiten befassten 17. Senats des beschließenden Gerichts nicht mit einem gegen die Ausländerbehörde gerichteten Antrag auf dem Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten zu verfolgen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. Februar 1993 - 18 B 8/93 -, vom 28. Januar 2000 - 18 B 129/00 -, vom 15. Oktober 2001 -17 B 1082/01 -, vom 4. April 2002 - 17 B 445/02 - und vom 9. April 2003 - 18 B 266/03 -).

Es handelt sich zwar um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, doch ist diese im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch §§ 3, 12 FEVG der ordentlichen Gerichtsbarkeit, nämlich dem Amtsgericht, zugewiesen (vgl. auch § 106 Abs. 2 AufenthG (so auch BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1981 - 1 C 93.76 -, BVerwGE 62, 317; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26. Juni 1988 - 11 B 346/87 -, NVwZ-RR 1989, 441, unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung; Hailbronner, AuslR, April 2006, § 62 AufenthG Rn. 108; Melchior, Abschiebungshaft, 01/2001, Anlage: Rechtsprechungsübersicht - Haftgründe, Abgrenzungsfragen, www.abschiebungshaft.de).

Die gegenteilige Auffassung (vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 11. Januar 2001 - 9 V 52/00, 9 W 1/01 -, InfAuslR 2001, 172; VG Aachen, Beschluss vom 8. März 2000 - 8 L 101/00 -, InfAuslR 2000, 227; VG Berlin, Beschluss vom 4. November 1998 - VG 35 F 69/98 -, InfAuslR 1999, 80; Zeitler, HTK-AuslR/§ 62 AufenthG, Anm.1; Renner, Ausländerrecht, 8. Auflage 2005, § 62 AufenthG Rn. 30) vermag nicht zu überzeugen, weil damit eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Überschneidung der Rechtswege verbunden ist. Die eingeschränkte Prüfungszuständigkeit des Haftrichters in Bezug auf die Abschiebungsvoraussetzungen rechtfertigt es selbst mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht, partiell eine parallele Rechtswegzuweisung an die Verwaltungsgerichtsbarkeit anzuerkennen.

Die Regelung in § 8 Abs. 1 Satz 3 FEVG, nach der die eine Freiheitsentziehung anordnende Entscheidung von der zuständigen Verwaltungsbehörde vollzogen wird, führt zu keinem anderen Ergebnis. Selbst wenn in ihr auch die Verpflichtung der Ausländerbehörde zu sehen ist, ungeachtet ihrer diesbezüglichen Handlungspflichten gegenüber dem zuständigen Amtsgericht, und ohne dass dieses die Haftanordnung zuvor aufgehoben hat, eigenverantwortlich darüber zu befinden, ob, wann und wie lange eine Freiheitsentziehung innerhalb der vom Gericht angeordneten Geltungsdauer vollstreckt werden soll (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Mai 1995 - 3 Wx 149/95 -, NVwZ- Beilage 1996, 8; Melchior, Abschiebungshaft, 01/2001, Nr. 402, www.abschiebungshaft.de), führt die Norm jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art nicht auf die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs. Sie betrifft den Vollzug einer amtsgerichtlichen Haftanordnung und nicht die hier in Rede stehende Entlassung aus der Abschiebungshaft, wie auch die Regelung in § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG verdeutlicht. Insoweit bestimmt die Herkunft des Vollstreckungstitels die Rechtswegzuständigkeit (vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Januar 1993 - 25 A 89/90 -, NWVBl. 1993, 358).