FG Münster

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Zitieren als:
FG Münster, Urteil vom 10.05.2006 - 1 K 6891/03 Kg - asyl.net: M8485
https://www.asyl.net/rsdb/M8485
Leitsatz:
Schlagwörter: Kindergeld, Entsendung, Dienstleistung, Slowenen, Abkommen über Soziale Sicherheit, Antrag, Verjährung
Normen: EStG § 62 Abs. 2 S. 1; EStG § 62 Abs. 2 S. 2 1. Hs.; AO § 169 Abs. 2 Nr. 2; AO § 170 Abs. 1
Auszüge:

Für den Zeitraum 01.01.1999 bis 31.03.2001 steht dem Kl. für den Sohn T Kindergeld zu.

Da für T nach der Aktenlage erstmals mit am 03.07.2003 bei der Bekl. eingegangenem Schreiben Kindergeld beantragt wurde, steht der (rückwirkenden) Kindergeldfestsetzung bis zum Jahr 1998 einschließlich entgegen, dass der Kindergeldanspruch festsetzungsverjährt ist. Die Festsetzungsfrist beträgt nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO vier Jahre und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO). Die vierjährige Verjährungsfrist hinsichtlich des Kindergeldanspruches 1998 endete mit Ablauf des Jahres 2002, so dass der Kindergeldanspruch 1998 im Zeitpunkt der Antragstellung im Jahre 2003 bereits verjährt war.

Dem Kl. steht als Ausländer - er ist ausländischer Staatsbürger - nach § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung Kindergeld nur zu, wenn er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder -erlaubnis war. Nach der Bescheinigung der Stadt I vom 23.01.2004 war das nur bis zum 31.03.2001, seinem Umzug ins Ausland, der Fall, so dass ab dem 01.04.2001 eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG ausscheidet.

Nach § 62 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbsatz EStG in der im Streitzeitraum geltenden Fassung hat ein ausländischer Arbeitnehmer, der zur vorübergehenden Dienstleistung in das Inland entsandt ist, keinen Anspruch auf Kindergeld, selbst wenn er - wie der Kl. - im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung ist. Der Tatbestand der Entsendung zu vorübergehender Dienstleistung ist im Streitfall nicht erfüllt. Von einer Entsendung zu einer vorübergehenden Dienstleistung kann bei einem Arbeitnehmer nicht mehr gesprochen werden, der - wie der Kl. - bereits seit 1980 im Inland tätig ist (vgl. BFH, Urteil vom 13. August 2002 VIII R 70/99, BFH/NV 2003, 29).

Die Anwendung des § 62 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbsatz EStG ist nicht - wie die Bekl. meint - durch höherrangiges zwischenstaatliches Recht entsprechend dem BFH-Urteil vom 13.08.2002 (VIII R 70/99, BFH/NV 2003, 29) ausgeschlossen. Das gilt schon deshalb, weil das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Slowenien über Soziale Sicherheit vom 24.09.1997 (BGBl II 1998, 1987) keine Regelungen zum Kindergeld enthält.

Allerdings hat der Kl. im Streitfall von der in Artikel 11 des genannten Abkommens vom 24.09.1997 über den in Artikel 7 geregelten Fall der Entsendung hinaus eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Rechtsvorschriften Sloweniens über die soziale Sicherheit nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft unterworfen zu bleiben.

§ 62 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbsatz EStG ist jedoch nicht im Wege der Gesetzesanalogie auch auf den Sachverhalt anzuwenden, in dem ein ausländischer Arbeitnehmer aufgrund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung von der Möglichkeit Gebrauch macht, den Rechtsvorschriften seines Heimatlandes über die soziale Sicherheit nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft unterworfen zu bleiben.