OVG Schleswig-Holstein

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Zitieren als:
OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.03.2006 - 4 LB 110/99 - asyl.net: M8512
https://www.asyl.net/rsdb/M8512
Leitsatz:

Keine extreme allgemeine Gefahrenlage in Sierra Leone.

 

Schlagwörter: Sierra Leone, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, allgemeine Gefahr, extreme Gefahrenlage, Versorgungslage
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Keine extreme allgemeine Gefahrenlage in Sierra Leone.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Der Senat hält die zugelassene Berufung einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist zu ändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht hat dem Kläger nach der Urteilsbegründung auch nur einen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 AuslG (nunmehr § 60 Abs. 7 AufenthG) zuerkannt. Maßgeblich für die Entscheidung ist gemäß § 77 AsylVfG die gegenwärtige Sach- und Rechtslage.

Auf Grund der vorliegenden und in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel kann jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats von einer solchen extremen Gefahrenlage nicht (mehr) ausgegangen werden. So hat der Bayerische VGH zu der Lage in Sierra Leone mit Urteil v. 06. Oktober 2004 (4 B 00.31647 -) folgendes ausgeführt: "... Trotz der schwierigen Situation nach zehn Jahren Bürgerkrieg in einem der ärmsten Länder der Welt rechtfertigen die beschriebenen Umstände in der Gesamtschau nicht die Annahme einer qualifizierten Gefahrenlage für Leib und Leben des Klägers bei seiner Rückkehr nach Sierra Leone; der erkennende Senat hält eine Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit des Klägers nicht einmal für überwiegend wahrscheinlich. Die angeführten Informationen zur Sicherheitslage lassen eine derartige, landesweit geltende Prognose nicht zu. Hinsichtlich der Versorgung mit Nahrungsmitteln und ggf. notwendiger medizinischer Hilfe geht der Senat angesichts der vielfachen Unterstützungsleistungen seitens staatlicher und nichtstaatlicher Hilfsorganisationen davon aus, dass der Kläger als alleinstehender Mann von mittlerweile 32 Jahren sein - wenn auch karges - Auskommen auch ohne den Rückhalt einer Großfamilie selbständig zu finden vermag. Trotz der prekären Versorgungssituation kann nicht die Rede davon sein, dass der Kläger alsbald nach seiner Rückkehr dem sicheren Hungertod ausgeliefert wäre."

Der Senat teilt (wie auch das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht, Urt. v. 15.07.2005 - 4 B 32/01 - und Beschl. v. 17.03.2005 - 4 LA 495/02 -) diese Einschätzung. Neuere Erkenntnismittel bestätigen die weitere Konsolidierung des Friedensprozesses in Sierra Leone bei im Wesentlichen unveränderter wirtschaftlicher Situation.

Nach alledem hat der Kläger bei Rückkehr in sein Heimatland jedenfalls gegenwärtig keine der vom Verwaltungsgericht noch für Ende der 90iger Jahre angenommenen Repressalien zu befürchten. Allerdings ist die wirtschaftliche und soziale Lebenssituation der Menschen in Sierra Leone nach wie vor schlecht. Eine Existenzsicherung auf ärmlichem Niveau ist aber möglich, so dass der Kläger nicht mangels jeglicher Lebensgrundlage alsbald nach seiner Rückkehr dem sicheren Hungertod ausgeliefert ist.