OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.08.2006 - 18 E 894/06 - asyl.net: M8640
https://www.asyl.net/rsdb/M8640
Leitsatz:
Schlagwörter: Antrag, Aufenthaltserlaubnis, Ausländerbehörde, Untätigkeitsklage, eigenständiges Aufenthaltsrecht, Ehegatte, Aufenthaltsdauer, rechtmäßiger Aufenthalt, Zwei-Jahres-Frist, Unterbrechung
Normen: VwGO § 75; AufenthG § 31 Abs. 2
Auszüge:

Die Klage, deren Zulässigkeit das Verwaltungsgericht zutreffend nach § 75 VwGO beurteilt hat, ist bereits unzulässig. Es fehlt an dem in dieser Vorschrift vorausgesetzten vorherigen Antrag beim Beklagten. Ein derartiges Erfordernis ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Norm, der verlangt, dass ein "Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts" unbeschieden geblieben ist. Gleiches folgt aber auch aus der Systematik sowie aus Sinn und Zweck der Vorschrift: Wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung ist es zunächst Sache der Verwaltung, sich mit (vermeintlichen) Ansprüchen des Einzelnen zu befassen. Dementsprechend sieht § 75 Satz 2 VwGO eine Sperrfrist vor, die einer verfrühten und deshalb unter Rechtsschutzgesichtspunkten (noch) nicht gerechtfertigten Klageerhebung entgegenwirken, der Behörde dadurch angemessene Zeit zu einer ausreichenden Sachprüfung gewährleisten und auf diese Weise zugleich die Gerichte entlasten soll. Diesen Zweck könnte die Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO nicht erfüllen, wenn sie - bei Fehlen eines vorausgegangenen Antrages - mit der Klageerhebung selbst in Lauf gesetzt werden könnte (vgl. BVerwG, Urteile vom 30 August 1973 - II C 10.73 -, Buchholz 232 § 181 BBG Nr. 6, vom 31. August 1995 - 5 C 11.94 -, BVerwGE 99, 158 = DVBl. 1996, 309, vom 10. April 1997 - 2 C 38.95 -, DVBl 1998, 191-193 = Buchholz 236.1 § 3 SG Nr 16, und vom 28. Juni 2001 - 2 C 48.00 -, NVwZ 2002, 97 = Buchholz 230 § 126 BRRG Nr. 21).

Die vorstehenden Anforderungen werden mit der Klage nicht erfüllt. Der Kläger hat nicht vor, sondern gleichzeitig mit der Klageerhebung unter dem 2. September 2005 beim Beklagten die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beantragt.

Die Klage, mit der der Kläger allein noch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 2 AufenthG begehrt, wäre aber auch unbegründet.

Zur Erlangung eines eigenständigen Aufenthaltsrechts nach § 31 Abs. 1 und 2 AufenthG muss grundsätzlich ein rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet ununterbrochen vorgelegen haben. Mit der Formulierung "seit mindestens zwei Jahren" in § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG knüpft die Vorschrift an ein ununterbrochenes Vorliegen der in ihr geforderten tatbestandsmäßigen Voraussetzungen an. Wie der Senat bereits zu § 24 Abs. 1 Nr. 1 bzw. § 26 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AuslG entschieden hat, genügt bei derartigen Fristbestimmungen nicht, dass der Ausländer irgendwann einmal oder grundsätzlich die für zwei Jahre verlangten Bedingungen erfüllt hat. Vielmehr schließt jede Unterbrechung ohne Rücksicht auf ihre Dauer die Erteilung des Aufenthaltstitels aus (vgl. Senatsbeschluss vom 1. Februar 2000 - 18 B 2069/99 - m.w.N., InfAuslR 2000, 282 = NWVBl. 2000, 313).

Aus diesem Verständnis der Norm folgt, dass der Fortfall des rechtmäßigen Aufenthalts einer der Ehegatten im Bundesgebiet ebenso wie eine endgültige Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft jeweils zum Erlöschen der bis dahin erworbenen Anwartschaft auf ein eigenständiges Aufenthalts nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG führt (so bereits Senatsbeschluss vom 29. November 2000 - 18 B 1627/00 -, AuAS 2001, 67 = EildStNRW 2001, 320, zu der insoweit gleichlautenden Regelung in § 19 Abs. 1 Nr. 1 AuslG).