OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.08.2006 - 18 B 1298/06 - asyl.net: M8642
https://www.asyl.net/rsdb/M8642
Leitsatz:
Schlagwörter: Aufenthaltserlaubnis, nachträgliche Befristung, Ehegattennachzug, eheliche Lebensgemeinschaft, Beistandsgemeinschaft, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: AufenthG § 7 Abs. 2 S. 2; AufenthG § 27 Abs. 1
Auszüge:

Die Beschwerde hat Erfolg. Der Antrag, der gemäß § 88 VwGO hinsichtlich der unter Ziffer I. des Bescheides des Antragsgegners vom 1. März 2006 verfügten nachträglichen Verkürzung der Befristung der Aufenthaltserlaubnis als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und hinsichtlich der unter IV. des Bescheides verfügten Abschiebungsandrohung als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung aufzufassen ist, ist begründet. Das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung der angefochtenen Verfügung vorerst verschont zu bleiben, überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung. Die offensichtliche Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verfügung lässt sich im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht feststellen.

Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG kann - wie es mit der Verfügung unter I. des angegriffenen Bescheides geschehen ist - die Befristung einer Aufenthaltserlaubnis nachträglich verkürzt werden, wenn eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Bestimmung wären, wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, erfüllt, wenn der Antragsteller mit seiner Ehefrau keine eheliche Lebensgemeinschaft mehr führte. Dies erscheint jedoch offen.

Eine ausländerrechtlich schützenswerte eheliche Lebensgemeinschaft liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn die Eheleute einen intensiven persönlichen Kontakt pflegen und ihre tatsächliche Verbundenheit in konkreter Weise nach außen in Erscheinung tritt. In der Regel wird die eheliche Lebensgemeinschaft durch eine gemeinsame Lebensführung in der Form einer die tatsächliche Verbundenheit der Eheleute zum Ausdruck bringenden Beistandsgemeinschaft gekennzeichnet sein, die auch durch eine geistige und emotionale Verbundenheit geprägt wird. Kennzeichnend dafür ist ein gemeinsamer Lebensmittelpunkt, der im Allgemeinen durch eine gemeinsame Wohnung zum Ausdruck kommen wird. Leben die Eheleute räumlich getrennt, so bedarf es zusätzlicher Anhaltspunkte, um gleichwohl eine eheliche Lebensgemeinschaft annehmen zu können (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1997 - 1 C 16.96 -, InfAuslR 1998, 272; Senatsbeschlüsse vom 14. Oktober 1999 - 18 B 1190/98 -, vom 1. August 2002 und 4. Oktober 2002 - 18 B 1063/00 -, NWVBl. 2003, 33, vom 27. Januar 2006 - 18 B 2186/05 - und vom 2. Mai 2006 - 18 B 437/05 -).

Zwar bestehen, wie das Verwaltungsgericht dargelegt hat, auf der einen Seite gravierende Anhaltspunkte dafür, dass zwischen dem Antragsteller und seiner Ehefrau seit geraumer Zeit keine eheliche Lebensgemeinschaft mehr besteht.

Auf der anderen Seite hat jedoch der Antragsteller eine Reihe von Indizien dafür vorgebracht, dass eine Lebensgemeinschaft im oben genannten Sinne zwischen ihm und seiner Ehefrau besteht.

Ist ausgehend vom Vorstehenden offen, ob der Antragsteller vollziehbar ausreisepflichtig ist, hat auch der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen die unter IV. des angegriffenen Bescheides verfügte Abschiebungsandrohung Erfolg.